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licher Egoist, einer aus dem Kreise der von Helene Böhlan soglühend gehaßten „Korrekten". Das stimmt nicht. Die realistischangelegte Figur hat unter symbolistischen Tendenzen gelitten.
Das Symbol ist in der neuern Kunst zu frischen Ehren ge-kommen; nicht bloß aus ihrem romantischen Element heraus —auch aus dem realistischen. Diese unersättliche Freude an der Wirk-lichkeit hat nicht genug an den paar Einzelfällen, die die Faust um-spannen kann — sie will gleichzeitig an die tausend andern erinnertwerden, die noch ringsumher auf den Wiesen und Feldern blüheu.„Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest in ihren kleinen Fäustenhaben": darum heben sie das Veilchen auf, zerdrücken es fast, lassenes nicht los. So sahen wir Ibsen mit den Jahren immer stärkerdie Symbole verwenden, während neuere Richtungen wie die vonMaeterlinck ganz und gar als symbolistisch bezeichnet werden können.Aber schon bei dem norwegischen Meister sahen wir auch die Ge-fahren dieses Hilfsmittels.
Helene Böhlan liebt es vor allem, ihre Figuren zu symbolischerHöhe zu steigern. Noch hält sie hier Maß, später, in „Adam undEva", nicht mehr. Da steht dann die Heldin „hier als der Begriffdes ewig bedrückten Weibes, des geistberaubten, unentwickelten Ge-schöpfes, dem alles geboten werden darf, das alles hinnimmt". Sieist kein Typus mehr, sondern eine Allegorie. Diese Tendenz wirdbei Helene Böhlan gerade deshalb besonders gefährlich, weil sie esliebt, allzudeutlich zu unterstreichen. Künstlerisch abgerundetenBüchern, ja einzelnen Scenen wird ein Henkel angeschmiedet, wieman eine Gebrauchsanweisung an ein Altarbild leimt; die agita-torische, polemische Absicht verdirbt der Künstlerin das Konzept. Dasstört auch hier; ein lauter Kommentar wird vom Ehrenhold insPublikum geblasen: „Aus diesem Sumpf, der nur Blasen aufwirft,war dennoch eine Heldenseele aufgestiegen, eine Prachtseele, die biszum Tode voller Schaffenskraft und Feuer war, die alles über-wand ..." Bilde, Künstler, rede nicht! Doch immerhin — so vollgesättigt von Realismus und Lebenskraft sind hier die Figuren, daßnur eben eine von dieser Tendenz zerbrochen wird. Und bei dieserhat es seine besonderen Ursachen. Die Verfasserin kommt in dasFeuer der Frauenfrage. Ihr Grundproblem, von der Verpfuschungherrlicher Anlagen durch das Leben, wird von dem Menschen über-haupt auf die Frau specialisiert. Bei dem Manne ist es nur eigeneSchuld, wenn Anlagen und Leidenschaften zwecklos verpuffen — so