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II. Die Sturm- und Dranjgahre von 1848—1850
Der Versuch, Württemberg zu insurgieren, scheiterte an der Festigkeitseines Königs. Die Aufforderung der am 1. Juni gebildeten badischenprovisorischen Regierung zum Anschluß an den Aufstand wurde mit derVerhaftung ihres Sendboten beantwortet. Sie machte sich hierauf am3. Juni unnötigerweise durch eine Kriegserklärung an Württemberg lächer-lich, die keine andere Folge hatte, als daß die württembergische Kammer„ihrer ernsten und tiefsten Entrüstung" darüber Ausdruck verlieh.
Die Wirkung des ersten Schrecks schwand jedoch, da die Verfolgungdurch die Reichstruppen ausblieb. Alle in Baden verfügbaren Streitkräftewurden an den Neckar gesandt, Mieroslawski , der inzwischen eine Gast-rolle auf Sizilien gegeben, als Oberbefehlshaber und Sigel in die provi-sorische Regierung berufen.
Mittlerweile hatte sich Preußen sowohl wie die Reichsgewalt zum Ein-greifen entschlossen.
Zwei preußische Armeekorps wurden zusammengezogen, das 1.: 23 Ba-taillone, IS Eskadrons, rund 20 000 Mann mit 50 Geschützen unterGeneral v. Hirschfeld im südlichsten Teile der Rheinprovinz , das 2.: 17Bataillone, 16 Eskadrons, rund 15000 Mann mit 30 Geschützen unterGeneral v. d. Grüben bei Frankfurt a. M. Als 3. Korps trat das Neckar-korps unter General von Peucker hinzu, das, abgesehen von einem preu-ßischen Bataillon, ganz aus den Bundestruppen gebildet wurde und 19^/zBataillone mit 9 Eskadrons, rund 18 000 Mann mit 24 Geschützen, zählte.
So waren denn im ganzen 53000 Mann mit 104 Geschützen verfüg-bar, den Aufstand niederzuschlagen. War, der Zahl der Bewaffneten nach,diese Übermacht auch keine so erhebliche, daß sie jede Hoffnung auf einenVorteil beim Gegner vom Anbeginn ausschloß, so wurde sie doch erdrückenddurch die bessere Bewaffnung, Ausrüstung und Mannszucht, die sich dergrößeren Zahl beigesellte.
Zudem standen in unmittelbarer Nähe noch andere Bundestruppen undein bayerisch-westfränkisches Korps, die herangezogen werden konnten, umbei der Unterdrückung der Insurrektion mitzuhelfen. Es war möglich, diedazu verfügbare Streitmacht auf 70 000 Mann zu bringen.
Den Oberbefehl übernahm der Prinz von Preußen, der am 12. Juniin Mainz eintraf. Die Absicht war es, aus drei Richtungen gleichzeitigin Baden einzudringen, dabei die Neckarstellung, in der sich die meistenund besten Streitkräfte der Aufrührer befanden, von allen Seiten gleich-zeitig anzugreifen. Das 1. Korps sollte durch die Pfalz vorgehen, sie vomGegner säubern, dann bei Germersheim den Rhein überschreiten und beiWiesloch hinter jener Stellung erscheinen, gegen die gleichzeitig das 2.