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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
Entstehung
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Die badische Regierung verläßt das Land

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Eine Deputation ging nach Paris, um Frankreich zum Kriege gegenPreußen aufzustacheln.

Der Versuch, die Insurrektion nach Oberhessen hinüberzutragen, scheitertean dem Widerstande der hessischen Truppen, die bei der ersten zu diesemZwecke berufenen Volksversammlung energisch einschritten, während dieRegierung die unruhigen Bezirke sofort in Kriegszustand versetzte. EinHandstreich der Pfälzer unter Blenker gegen die Bundesfestung Landau mißlang, da die zusammengebrachten 3000 Mann mit 2 Geschützen eiligstumkehrten, als sie von den Werken her mit Feuer empfangen wurden.

An die Spitze der Aufrührer wurde der ehemalige badische LeutnantSigel, ein erst 27 Jahre alter, militärisch begabter Mann berufen, denBrentano bei der am 27. Mai nahe vor Mannheim abgehaltenen Paradeden Truppen als Oberbefehlshaber vorstellte. Dessen Absicht war es, erstWürttemberg für die Sache der Revolutionäre zu gewinnen und so seineStreitmittel zu vermehren, ehe er weiteres unternahm. Brentano wolltesogleich mit Gewalt durch Hessen gegen Frankfurt vordringen, um dortdem schon ganz demokratisierten Parlament als Rückhalt zu dienen.

Bei Heppenheim standen die hessischen Vortruppen unter General vonSchäfser-Bernstein, dem zum Reichsgeneral ernannten Peucker unterstellt.Sie sollten am 30. Mai in der Front festgehalten, zugleich aber durchden Odenwald umgangen und die Aufmerksamkeit der übrigen Reichstruppendurch Vorstöße der Pfälzer auf Worms und Oppenheim abgelenkt werden.Das Unternehmen scheiterte jedoch völlig, da sich der geradenwegs aufHeppenheim vorgehenden Kolonne, als sie dort unerwartet auf lebhaftenWiderstand stieß, eine Panik bemächtigte. Bei Heinsbach brachte Sigel,der hier persönlich befehligte, die Fliehenden zwar zum Stehen; als dieHessen jedoch folgten, ging ihre Flucht weiter auf Weinheim , ja sogar bisHeidelberg .

Aus Worms , das sie vorübergehend besetzt hatten, waren die Aufrührerschon tags zuvor wieder vertrieben worden, so daß die dazu entsendetenAbteilungen rechtzeitig nach Heppenheim hatten herangezogen werden können.Hier war im Augenblick nicht nur die ganze hessische Division verfügbar;sondern es standen auch beträchtliche Verstärkungen an anderen Reichs-truppen in der Nähe; und es unterliegt kaum einem Zweifel, daß, wenndiese Streitkräfte energisch vorgeführt worden wären, sie der badischenBewegung schon jetzt ein Ende hätten bereiten können. Allein die innerepolitische Verwirrung Deutschlands ließ es nicht dazu kommen. Die Zentral-gewalt verwies auf Preußen und dieses auf das eben gegründete Drei-königsbündnis.

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