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VIII. Der Krieg von 1870/71
in Reserve. Bei diesem Dorfe war ferner die zweite Unterstützungsabtei-lung vom 10. Korps eingetroffen. Zusammen mit der aus dem Moseltalemporgestiegenen bildete sie die 37. Jnfanteriebrigade, die nach den An-ordnungen des Generals v. Voigts-Rhetz ursprünglich als Rückhalt für dieKavallerie in der Gegend von Chambley hätte dienen sollen.
Gegenüber stand auf dem französischen rechten Flügel zwischen derRömerstraße und der Chaussee von Rezonville das 6. Korps des MarschallCanrobert , links davon bis zum Walde von St. Arnould hinab das2. Korps Frossard und der preußischen Offensivslanke gegenüber, linksznrückgebogen, die ihm zugeteilte Brigade Lapasset vom 5. Korps. Hinterihnen bei Gravelotte hielt bereits das Gardekorps. Eine mehr als doppelteÜberlegenheit war schon jetzt in der Hand des französischen Oberbefehls-habers vereint. Durch einen schnellen Angriff unter rücksichtsloser Ein-setzung aller seiner Streikräfte hätte er sich von dem lästigen Gegner viel-leicht noch befreien und seinen Marsch fortsetzen können. Die mit einemSiege begonnene Bewegung zur Vereinigung mit Mac Mahon wäre desBeifalls in Frankreich sicher gewesen. Aber Marschall Bazaine erkanntedie Gunst des Augenblicks nicht. Er fürchtete, sich mit der Armee vonMetz loszulösen. Erst kürzlich hatte er die Nachricht vom Eintreffen von100 000 Preußen bei Pont-ä-Mousson an der Mosel erhalten. Daherglaubte er am linken Flußufer die I. und H., ja vielleicht sogar schonTeile der III. deutschen Armee vor sich zu haben. Dieser Eindruck wurdeihm durch Alvenslebens kühnen Angriff bestätigt. Er hielt Vorsicht fürgeboten.
Ohne weitere schwere Kämpfe wäre die Maas nicht zu erreichen ge-wesen. Vor dem Übergange über diesen Fluß war voraussichtlich einnochmaliges Zurückweisen der Deutschen notwendig. Leicht konnte er nachNorden an die nur wenig Tagemärsche entfernte belgische Grenze gedrängtwerden, aber auch die Vereinigung mit Mac Mahons schwer erschüttertemHeere bot nach eigenen großen Verlusten ihm wenig Aussicht auf einenendlichen Sieg. So etwa mögen die Bedenken geartet gewesen sein, diein dem wichtigen Augenblick seine Seele beherrschten. Sie hemmten auchseinen Entschluß, den gefährdeten, in der Luft schwebenden linken preußischenFlügel mit Überlegenheit anzugreifen, als im weiteren Verlauf der Schlachtnoch das 3. und 4. Armeekorps verfügbar wurden. Besorgt um seineLinke und die Verbindung mit Metz hielt er dauernd starke Kräfte beiGravelotte bereit. So ward die Gefahr, frühzeitig links überflügelt, um-faßt und aufgerollt zu werden, von den Preußen abgewendet. Trat aufder äußersten Linken auch gegen Ende der Schlacht ein Rückschlag ein, so