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II. Anatomie und Entwickelungsgeschichte.
Spekulation, sondern auch über das Wissenswerte knrz nud bündigreferieren.
Wir haben schon früher unter den großen AnatomenBaer und Koelliker genannt. Rudolf Albert v. Koelliker ,einer der wenigen Mediziner, die der Excellenz-Titel schmückt,wurde 1817 in Zürich geboren nnd lehrte bis 1897 in unge-brochener Geistesfrische an der Würzburger Hochschule. 1899 er-schienen „Erinnerungen aus meinem Leben", ein Buch,welches den ganzen Werdegang der modernen Anatomie schildert.Wer, wie Versasser dieses, das Glück gehabt, zu den Füßen diesesLehrers zn sitzen, seinen geistreichen Vortrag zu hören und zu-zuschauen, wie er mit spielender Leichtigkeit die schwierigstenZeichnungen an die Tafel warf, der begreift auch die Verehrung,die junge und alte Schiller dem Meister entgegenbringen. Inseiner „mikroskopischen Anatomie" und in dem „Handbuchder Gewebelehre" versuchte Koelliker alle Organe des Körpersin ihrem feinsten Bau zu schildern, was vor ihm Niemand so aus-führlich gethan hatte. Ferner trug er der vergleichenden Gewebe-lehre, der Physiologie uud pathologischen Anatomie Rechnung undberücksichtigte das chemische Verhalten der Gewebe. Die beidenWerke zeichnen sich durch ihre mustergültigen Illustrationen ausund dadurch, daß die Litteraturangaben vollständig sind.
Unbeschadet der Verdienste, die sich Schwann erworben hat,ist Koelliker für das Tierreich der Begründer derCellularphyfio-logie. Dieses geht aus seinen eigenen Worten, die er 1852schrieb, hervor: „Diese Zellen, die als mit besonderen Lebens-kräften begabt, nnd der Stoffanfnahme und der Verarbeitung desWachstums und der Vermehrung fähig zu denken sind, setzen nichtnur in den ersten Lebensperioden den Leib der höheren und dermeisten niederen Tiere für sich allein zusammen, sondern bildenauch die höheren Elementarteile des vollendeten Körpers fast ganzaus sich hervor. Ja selbst bei erwachsenen Geschöpfen finden fichnoch an sehr vielen Orten die Elemente in dem einsachen Zustandevon Zellen und greifen als solche mehr oder minder, oft ganz ent-scheidend in die organischen Verrichtungen ein." — Koellikerkennt 6 Gewebe: Knochen, glatte Muskeln, quergestreifte Muskeln,