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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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IV. Physiologie.

Arbeiten eine Schule gegründet, welche den weiteren Ausbau der> medizinischen Chemie sich zum Ziel gesetzt hat.

Der eigentliche Begründer der physiologischen Chemie in Deutsch-land war Leopold Gmelin (17831853), der mit F. Tiedemann (17811361) gemeinschaftliche Untersuchungen über die Frage an-stellte, auf welchem Wege Substanzen ans dem Magen uud Darm-kaual ins Blut übergehe». Weitere Anhaltspunkte zur Kenntnisder Verdanungsphysiologie lieferten Karl Schmidt (18221894»und Robert Maln (18401891). In jüngster Zeit hat sich EugenBanmann in Freibnrg ausgezeichnet (18461896), dem es ge-lang, nachzuweiseu, daß in der Schilddrüse normaler Weise Jodenthalten ist, wodurch sich die bekannten Erfolge der Schilddrüsen-therapie erklären lassen. Nicht nur daß Baumann auf Grundseiner Entdeckung die geeigneten Schilddrüsenpräparate herstellte,wir verdanken ihm auch die Einführung des Sulfonals, das erals Schlafmittel erkannte. Ein Gebiet, das wir fpäter noch beiBesprechung der Bakteriologie zu streifen haben, pflegte LudwigBrieger (1849), dessen Arbeiten über die Ptomaine den Beweisgeliefert haben, daß die Bakterien Gifte erzeugen, welche sie selbstwieder zerstören (die Toxine und Toxalbumine).

Nachdem wir die bedeutendsten Namen genannt haben, welchedie Physiologie auszuweisen hat, gehen wir dazu über, die Fort-schritte dieser Disziplin in kurzen Zügen zn schildern; wir teilenein: iu physiologische Physik, physiologische Chemie undreine Physiologie.

Die elektrische Erregbarkeit der Nerven uud Muskeln studierte,wie wir schvu gesehen haben, zuerst Duchennc. Unter seinenNachfolgern ragt besonders Dubois-Reymond hervor, aber nochviele andere haben dieses hochinteressante Gebiet bearbeitet. Aus deuzahlreichen Versuchen hat sich nun eine Reihe von Lehrsätzen heraus-krystallisiert, die zum Gemeingut der Wisseuschast geworden sind.Der elektrische Strom wirkt beim Eintritt uud beim Austritt au5dem Nerven anders, als in der Zeit, während welcher er ihndnrchfließt. Man fand, daß die Erregbarkeit des motorischenNerven an der Kathode erhöht ist (Katelektrotonus) und an derAnode vermindert ist (Anelektrotonus). Darauf fußend entdeckte