Druckschrift 
Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
Entstehung
Seite
139
Einzelbild herunterladen
 

Physiologie des Auges.

139

und Zapfen Bewegungen ausführen, die auf retiuomvtorische Faferudes NervuL oxtieus schließen lassen.

Daß die Empfindung der Farben von den Schwingungendes Lichtäthers abhängt, wnßte man schon im 17. Jahrhundert.Man unterscheidet die einfachen Farben des Spektrums uud dieKomplementärfarben, die gemischt Weiß ergeben. Um die Farben-empfindung zu erkläre», nahmen Thomas Jouug (18N7) undHelmholtz (18S2) an, daß in der Netzhaut drei verschiedene Ele-mente vorhanden sind, dereu jeweilige Reizung rot, grün oderviolett empfinden läßt. Ewald Hering stellte den Satz auf, daßdie Gesichtsempfindnng der Ausdruck des Stoffwechsels in der Seh-substanz ist. Dieselbe wird durch den Sehakt zersetzt (dissimiliert),und ergänzt sich später wieder (sie assimiliert). Es giebt drei ver-schiedene Bestandteile der Sehsubstanz: die schwarz-weiß, die blau-gelb und die rot-grüu empfindende. Die Farbenblindheit erklärtsich nach der Heringschen Theorie als ein Aussall der ent-sprechenden Substanz. Der Ausdruck Farbenblindheit (Dischro-matopsie) stammt von Brewster, der Zustand selbst wurde zuerst(1794) von Dalton beschrieben. Die Untersuchuugen mit demPerimeter haben ergeben, daß nur in der Mitte des Gesichtsfeldesdeutliche Farbenempfindung vorhanden ist, dann folgt eine Zone,in der nur Blau und Gelb empfunden wird und schließlich kommtein Kreis, in dem auch der Normale vollständig farbenblind ist.Holmgreen war der erste, der die Aufmerksamkeit der Behördenauf die Farbenblindheit lenkte und ein einfaches Verfahren angab,was um so wichtiger ist, als namentlich bei dem Dienste derEisenbahn von einer richtigen Unterscheidung der farbigen Signal-lichter die Sicherheit des ganzen Dienstes abhängig ist.

Wie jeder nervöse Endapparat, so ermüdet auch die Retiua.Fällt auf dieselbe ein Lichtreiz, so bleibt die Empfindung nocheinige Zeit bestehen, auch wenn die Lichtquelle erloschen ist. Manheißt dieses das positive Nachbild. Bei schwachen Nerven-endapparaten in den Augen kann es vorkommen, daß die Nach-bilder sehr lange andauern, denn das Auge erholt sich in diesenFüllen langsam; so erzählt Goethe von Büsch, der ein Bild fasteine Viertelstunde als Nachbild sah. Schwingt man eine seurige