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IV. Physiologie.
direkt zu reizen. Zu Studieuzwecken erfanden Oertel und Jsen-schmid ein Phantom, an dem die Schüler leicht die nötigen Hand-griffe erlernen können.
Die physiologische Chemie gehört der zweiten Hälfte des19. Jahrhunderts an nnd konnte sich erst dann entwickeln, als dieChemie durch die bahnbrechenden Arbeiten von Liebig und Ber-zelius, Davy, Gay-Lussac , Woehler, Bunsen, Lothar v.Meyer, Victor Meyer und Kirchhofs den Medizinern die Waffengeschärft hatte.
Ions Jakob Berzelius (1779—1848), eiuer der größtenNaturforscher seiner Zeit, praktizierte einige Jahre als Arzt, wnrdeaber durch seine Ernennung zum Professor der Pharmacie inStockholm auf sein eigentliches Gebiet gebracht, auf dem er sichunsterbliche Verdienste erwarb. Seine Untersuchungen über dieGewebe uud Säfte des Tierkörpers (1808) sind zum Teil Pfad-führend für die spätereu chemisch-physiologischen Arbeiten. SeinSchüler Friedrich Woehler (1800—1882) entdeckte bei seinenExperimenten mit Cyansäure die Darstellung des Harnstoffes auscyansaurem Ammoniak (1828) und gab damit das erste Beispiel,eine organische Substanz aus anorganischen Stoffen auf chemischemWege darzustellen. Nachdem es einmal gelungen war, den durchden tierischen Lebensprozeß erzeugten Harnstoff auf synthetischemWege zu gewinnen, war der Schleier, hinter dem sich die orga-nische Chemie verborgen hatte, gelüftet und die Erklärung derlebenswichtigen Vorgänge näher gerückt. Der Harnstoff, das End-produkt der Zersetzung des Eiweißes im Tierkörper, wurde vonFourcroy und Vaucauelin (1799) zum ersten Male rein dar-gestellt. Nachdem Woehler denselben synthetisch gewonnen hatte,hatte er den Beweis geliefert, daß ein im Haushalt des Körperswichtiger Stoff auch außerhalb desselben gebildet werden kann,und damit war der dunklen Lehre von der Lebenskraft der Todes-stoß versetzt. Die von Scheele 1776 entdeckte Harnfäure galtlange Zeit als ein Mittelprodukt der Zersetzung der Eiweißkörperin Harnstoff, spätere Untersuchungen haben jedoch ergeben, daß dieQuelle der Harnsäure wahrscheinlich das Nuclein ist.
Von hohem Werte sind die Arbeiten von Tiedemann und