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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Kanalisativn.

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fortgeleitet, während die schädlichen Abwässer in inpermeablenRöhren transportiert werden. Das Ideal der Absuhr liegt aberin der Schwemmkanalisation. Man hat entweder, wenn dasTerrain günstig ist, ein die ganze Stadt durchziehendes Systemvoll Kanälen, die alle Abwässer und Fäkalien nach einer bestimmtenStelle oder nach einem Flusse abführen, oder man vereinigt dieKanäle in einem Sammelkanal, der an einem außerhalb der Stadtgelegenen Platze seinen Inhalt entleert, wo derselbe unschädlichoder für ökonomische Zwecke dienstbar gemacht wird, oder aber,wenn es sich nm slachgelegene Städte handelt, man richtet inden einzelnen Stadtbezirken Sammelbecken ein, iu welche dieKanäle radienförmig einmünden und von welchen der Inhalt dnrchPumpstationen auf die Rieselfelder gebracht wird. Welches Systemdie einzelnen Städte wählen, das hängt von ihrer Lage ab unddavon, ob in der Nähe ein Fluß ist, welcher groß genug ist, nmdie Abwässer aufzunehmen, ohne daß die weiter unten am Flussegelegeueu Städte und Dörfer Schaden leiden. Die einzelnenKanäle haben die Eisorm, wobei die Spitze nach unten gekehrt ist;es wird dadurch die Schnelligkeit des Abflusses vermehrt. Fernersind die Kanäle aus möglichst uudurchlässigem Material angefertigt,nnd es empfiehlt sich, Notauslässe anzulegen, damit bei abnormgroßen Niederschlägen die Kanäle rasch entlastet werden können.Die Hauskanäle müssen ein sehr großes Gefalle haben, damit jed-wede Stauung vermieden wird; in den Häusern selbst befindensich überall Spülvorrichtungen uud durch Syphons wird ein Nück-treten der Kanalgase in die Wohnungen unmöglich geinacht. Werdeudie Abwässer auf Rieselfelder geleitet, so sind auch die Bedenkender Landwirtschaft gegen das neue Verfahren hinfällig, denn geradedie Rieselfelder zählen naturgemäß zu den fruchtbarsten Gegenden.

Es läßt sich deuken, was die Kanalisation einer Großstadtnach den modernen Principien für ungeheure Summen verschlingtund wie schwer es seiner Zeit einem Mann, wie Pettenkofer , ge-worden ist, gegen die Vorurteile seiner Zeit nnd gegen die Neigung,kein Geld auszugeben, das nicht sofort Zinsen trägt, anzukämpfeil;aber die großen Summen haben Zinseu getragen, wie sie nicht er-wartet werden konnten. Durchseuchte Städte, wie München , sind