258 VII- Chirurgie, Augen-, Ohren-, Zahnheilkunde.

Reinlichkeit. Wenn auch seit dem durch Wien gegebenen Beispielallerorten die Verhaltnisse besser wurden, so haben doch diemodernen Krankenhäuser erst entstehen können unter dem Einflüsseder Hygieine und dem Drucke der antiseptischen Wundbehandlung.

Ihren ersten Aufschwung in Deutschland nahm die Chirurgiein Göttiugen. Dortselbst wurde dem Professor A. G. Richter,einem Neffen des großen G. G. Richter, 1780 ein kleinesHospital mit 15 Betten errichtet, das ini Mai 1781 eröffnetwerden konnte; Himly vergrößerte 1809 den Bau, so daß er

28 Patieuten ausnehmen konnte. Aus diesem kleinen Spitalgingen für die hannöverschen Kriegsspitäler mehrere vorzüglicheMilitärärzte hervor. Daneben bestanden in der Stadt Göttingen noch vier Kliniken für Chirurgie uud Augenheilkunde, so daß kaumauderswo die Verhältnisse für die Entwickelung der Wundarznei-knust so günstig sein konnten. August Gottlieb Nichter wurdevon seinem einflußreichen Onkel sehr protegiert und machte großeReisen. Schon mit 24 Jahren wurde er Extraordinarius und mit

29 Jahren Ordinarius in Göttingen . Allmählich verschafften ihmseine Kuren einen bedeutenden Ruf, so daß er auf große Ent-fernungen zu Konzilien gerufen ivnrde. Er ist der Gründer der15 Bäude umfassenden chirurgischen Bibliothek, welche einen aus-schlaggebenden Einfluß auf die deutsche Chirurgie ausübte, dennin diesem Sammelwerke sind die Arbeiten der hervorragendstenAusländer: Bell, Bromfield, Hunter, Home, Pott, Chvpart,Desault, Louis, Petit gewissenhaft referiert, so daß Richterderjenige war, welcher die Forschungen des Auslandes seineu deut-scheu Kollegen vermittelte. Er hob die Chirurgie und Augenheil-kunde auf eine bis dahiu bei uus nicht geahnte Höhe und legtedas Fundament zu ihrer wissenschaftlichen Weiterentwickelung. Vielnützte dem Reformator seine konziliante Natur, seine Beherrschungfremder Sprachen und vor allem das klassische Deutsch, mit welchen:er seine Bücher schrieb. Noch ein anderes Werk Richters ragtaus der großen Zahl seiner Arbeiten hervor: die sieben Bünde umfassenden: „Anfangsgründe der Wundarzueikunst", dieins Französische, Italienische und Russische übersetzt wurden, undwelche in den Händen fast jedes deutschen Arztes sich befanden.