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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Arzneimittellehre.

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krebs gefundeil zu haben und hat sich später überzeugen können,daß es sich nur um eiu Stomachicum handelt, welches durch andereMedikamente ersetzt werden kann. Das Antipyrin, das zur Zeitder ersten Juflnenzaepidemie in ungeheure» Quantitäten verordnetund gebraucht wurde, mußte später wegen seiller Einwirkungen aufdas Herz diskreditiert werden, so daß man heute nur selten Ge-brauch von demselben macht. Neben den vorhin schon aufgezähltenAlkaloiden, die nach der Methode von Sertürner dargestelltwurden, sind noch zu erwähnen das Koffein (1819), das Kodein (1832), das Physostigmiu (1862), das Apomorphin (1869)und das Pilocarpin (1875). Schon das Morphium hatteSertürner an sich ausprobiert, seinem Beispiele folgte I. Ch. G.Jörg in seinenMaterialien zu einer künftigen Heilmittel-lehre durch Versuch der Arzneien an gesunden Menschen"(1825). Da aber alle diese Versuche keine beweisenden Resultategeben, weil einmal ein Medikament auf den kranken Organismusganz anders wirkt als auf den gesunden und weil andererseits dieSuggestibilität, besonders bei der Anwendung von Giften, eineReihe von Erscheinungen erzeugt, die thatsächlich nicht vorhandensind, so mußte man einen anderen Weg sucheu, um den Einflußder Medikamente auf den Körper zu studieren und so kam der be-rühmte Chemiker Woehler zu seinenVersuchen über denÜbergang von Materien in den Harn" (1827). Das Jahr1834 brachte eine Arbeit, welche zu den klassischen gezählt wird:Bunsen und Berthold: Über das Eisenoxyhydrat als einGegengift der arsenigen Säure." Mau versteht das allgemeineInteresse, mit welchem diese Studie aufgenommen wnrde, wenn manvon Binz hört, daß zur damaligen Zeit "/^ aller Giftmordemit Arsenik unternommen wurden.

Von Karl August Wibmer (18031885) haben wir ein5 Bände starkes Werk:Die Wirkung der Arzneimittel undGifte am gesunden tierischen Körper" (18311342). Durchdieses Buch sowohl, wie auch durch eiuige Aufsehen erregende Ent-deckungen, so durch den Nachweis des Bleies im Organismus, er-warb er sich das Vertrauen des bayerischen Herrscherhauses undwurde als Leibarzt des Königs Otto mit nach Griechenland ge-