Volksseuchen.
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um sich gegriffen hatte. Seitdem hat uns die Influenza nie mehrvöllig verlassen und im Frühjahr und Herbst haben Mir allerortenkleine Endemien, wobei jedoch zu bemerken ist, daß mit dem NamenInfluenza vielfach Unfug getrieben wird und oftmals harmloseGrivpeansälle mit dem ominösen Namen bezeichnet werden. Mankämpfte gegen die Volksseuchen durch Quarautäuemaßregeln unddurch hygieinische Verbesserungen (Trinkwasserbeschaffnng, Kanali-sation). Es scheint, als ob die Hygieine bessere Resultate erzielte,als die schärfste Quarantäne. —
Bevor wir die innere Medizin verlassen, haben wir noch derLage des ärztlichen Standes zu Ende des Jahrhunderts zu gedenkenund einer Einrichtung, iu welcher die Ärzte eiue segensreicheThätigkeit eutfalteu, nämlich der Lebensversicherungen. Wirhatten in Deutschland Ende 1900 60 Privatversicherungsgesell-schaften, in denen mit 8 Milliarden Mark das Leben der Bevölkerungversichert war; da die Gesellschaften eine strenge Untersuchung derKandidaten vorschreiben, so hat sich ein eigener Zweig der Medizin,die ärztliche Versicherungstechnik, herausgebildet, der auchüber eine sehr wertvolle Statistik über die Lebensdaner der ein-zelnen Gewerbe und Beruse verfügt und äußerst interessante Aus-schlüsse über die hereditären Schädlichkeiten geben kann. In denverschiedenen Lehrbüchern, dnrch welche der angehende Versicherungs-arzt die Technik der Untersuchung erlernen soll, kann man wenigerwissenschaftliche Ausbeute erhoffen, als in den Zusammenstellungender Revisiousärzte, denen das ganze Material zur Verfügung steht;namentlich die Gothaer Lebensversicherungsgesellschaft, welche fürihre Ärzte eine regelmäßig erscheinende Zeitung herausgiebt, hathäufig in Hereditüren und statistischen Fragen aufklärend gewirktund es läßt sich erwarten, daß, wenn einmal das uugeheureMaterial von berufener Hand gesichtet wird, auch sür die gesamteMedizin wichtige Anhaltspnnkte gewonnen werden.
Kommen wir zum Schlüsse, zur Stellung des Arztes, sobeschleicht den Menschenfreund oder besser gesagt, den Freund derÄrzte, denn die Ärzte sind ja sozusagen auch Menschen, ein Ge-fühl des Bedauerns. Das ehrwürdige Amt des Hausarztes,der die Familie seit Generationen kennt, der den Großvater