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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Die somalische Schule.

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daß ihm sein Biograph Arndt mit Esquirol auf die gleicheStufe stellt:Er kann geradezu als der deutsche Esquirol be-zeichnet werden, und wenn das nicht in dem Umfange und derAllgemeinheit geschieht, wie er es verdient, so liegt dieses wenigeran ihm, als an der Sucht der Deutschen , das Anstand und dieausländische Art zu bewundern und die eigene Heimat und daseigene heimische Wesen mit blasierten Augen anzusehen. Übrigenswurde Jacobi ein reiches Maß von Anerkennung zu teil. SemeSchöpfung in Siegburg wurde gewissermaßen die hohe Schule fürdie jüngeren Psychiater der damaligen Zeit und von allen Eckenund Enden des weiten Vaterlandes strömteu Wisseusdurstige ihmzu, um zu hören und zu lernen." Die psychischen Erscheinuugenwaren ihm nur Äußerungen körperlicher Vorgänge, die psychischenStörungen nichts anderes als körperliche Störungen und Symptomekörperlicher Krankheiten. Er suchte die Erreger der Geisteskrank-heit in Störungen der Cirkulation und der Atmnng, sowie imDickdarm; das Gehirn braucht nicht immer krank zu seiu. Diesesogenanntesomatische Schnle" herrschte lange Zeit in Deutsch-land . Litterarisch war Jacobi weniger thätig, als man bei seinerStellung und seinem langen Leben erwarten durfte; er hinterließvon einem großartig angelegten Werke:Die Hanptformen derSeelenstörnngen in ihren Beziehungen zur Heilkunde"(1844) nnr einen Teil, welcher die Tobsucht behandelt. WennJacobi mit seiner somatischen Lehre in manchen Punkten überdas Ziel hinausgeschossen hat, so ist dies durch seine Gegnerschaft,nämlich durch den Leipziger Professor der Psychiatrie, Heinroth ,zu erklären, welcher ganz unter dem Einfluß der Kantschen Lehrennd der Schellingschen Naturphilosophie eine rein psychologisch-philosophische Schule gegründet hatte, der sich eine Reihe vvnIrrenärzten entsprechend dem Geiste der Zeit angeschlossen hatte.

Heinroth faßte die Seele als eine freie, durch Reize erreg-bare, aber mit Selbstbestimmungsvermögen begabte Kraft auf. DerLeib galt ihm nicht als etwas Selbständiges, sondern als zumilrgan gewordene Seele. Das Grundgesetz der Seele ist die Frei-heit, die Quelle ihrer Erhaltung die Vernunft. Seine Atiologieist eine ethisch religiöse. Alle Übel der Menschen eutspriugeu ans