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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Das Heinrvthsche Lager. 519

krankheitskunde" undüber das Verhältnis von Seelennd Leib" schrieb.

Neben Jacobi war es namentlich Christian Friedrich Nasse (17781851), welcher durch seine physiologische Richtung derMedizin und der Psychiatrie großen Nutzen brachte. Seine 1818gegründeteZeitschrist für psychische Ärzte", an der anch seinSohn Karl F. Werner Nasse (18221889) fleißig mitgearbeitethat, übte einen großen Einfluß ans die Entwickelung der Psychiatriein Deutschland. Nasse sen. war noch in die Schule von JohannChristian Reil (17591813) gegangen, welcher sich ohne Zaudernans den Pinel-Esquirolschen Standpunkt stellte, wenigstens besser,wie ein späterer Berliner Psychiater Ernst Horn (17741848),der in einen Prozeß verwickelt wurde, weil er eine tobsüchtigeKranke in einen Sack hatte stecken lassen, worin dieselbe nach kurzerZeit erstickte. Wenn wir die Zeit zwischen dem Auftreten Pinelsnnd den ersten Versuchen desr>ori rsstraint" durch IohuConollh (1839) kritisch musteru, finden wir trotz großer Fort-schritte nnter einzelnen humanen, fast mochte man sagen, gvtt-begnadeten Männern in anderen Anstalten der Roheit Thür undThor geöffnet. Man mnß sich die Abbildungen ansehen, um diedamaligen Heilmittel richtig begreifen zu können; so ist der Dreh-stuhl eine Vorrichtung, auf welcher der Kranke festgeschnallt wird,die Füße nach innen, den Kopf nach außen! Dann wird derStuhl in Bewegung gesetzt und zwar so rasch, daß der Patient4060 mal in einer Minute im Kreise bewegt wird.GesundeLeute vertragen diese Methode zwar nicht", aber Geisteskrankewerden ruhig, sie verlieren die Neigung zu Gewaltthätigkeit undSelbstmord und wenn sie auch einmal Erstickungsanfälle bekommen,so schadet das nichts, denn der Drehstuhl ist das beste Mittel;wo er nimmer hilft, hilft nach Heinroth überhaupt nichts mehr".Es scheint aber, daß er doch nicht in allen Füllen geholfen hat,denn man mußte oft seine Znflncht zum glühenden Eisen nehmen,mit welchem man den glattrasierten Schädel und die Fußsohleneinigemale bestrick). Es machte dieses Verfahren zwar heftigeSchmerzen, aber dieselben hielten nicht lange an. Minder ein-greifende Hantreize waren die künstliche Einimpfung der Krätze,