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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Ständen rekrutieren kann und daß anch dnrch die Gewährungeiner Pension die spätere Lage dieser im Dienste der unglücklichstenaller Menschen sich aufopfernden Mäuner uud Frauen sichergestelltwurde.

Der Unterricht in der Psychiatrie war lange vernachlässigt;zwar wurden an einzelnen Hochschulen, die zufällig eine Jrren-llinik hatten, wie in Würzburg , auch Geisteskranke den Studentenvorgestellt, aber von einem regelmäßigen Unterricht konnte erst dieRede sein, nachdem Griesinger nach Berlin berusen worden war.

Was hat Wilhelm Griesinger (18171868) in seinemrelativ kurzen Leben alles sür die Psychiatrie gethan? Ein SchülerSchoenleins, ließ er sich zuerst als praktischer Arzt nieder, wurdebald darauf Assistent unter Zeller in Winnenthal, wo er dieAnregung für seiue spätere Thätigkeit bekam. Dnrch seinen FreundWunderlich kam er wieder zur inneren Medizin zurück, habili-tierte sich in Tübingen und wurde 1849 Direktor der Poliklinikin Kiel , von wo aus er die Stelle eines Leibarztes des KhediveAbbas und Vorstandes der medizinischen Schulen in Kairo über-nahm. Hatte er schon als Assistent Zellers sein berühmtes Buchüber diePathologie und Therapie der psychischen Krank-heiten" verfaßt, so gehört seiner ägyptischen Zeit ein anderesepochemachendes Werk über dieInfektionskrankheiten" an,welches er 1857 in Deutschland vollendete. Schon 1854 wurdeer der Nachfolger Wunderlichs in Tübingen , ging 1860 nachZürich und kam 1865 auf den Lehrstuhl Rombergs nach Berliu,wo er neben der schon vorhandenen psychiatrischen Klinik anch dieNervenabteilung der Charite einrichtete. Er ist der Gründer dermedizinisch-psychologischen Gesellschaft" und desArchives für Psychiatrie", von dem er jedoch nur den erstenBand erlebte, denn er starb schon 1868 an einer Persorativ-peritonitis. Wenn auch Griesiugers Verdienste auf dem Gebieteder inneren Medizin nicht geschmälert werden sollen, so liegt seinHauptgewicht doch in der Psychiatrie. Als der erste wandte erdie Gesetze der Psychologie auch in der Psychiatrie an und konnteauf diese Weise die einzelnen Symptome logisch analysieren; sokam es, daß er scharf unterschiedene Krankheitsbilder schnf, von