54t) X. Geistes- und Nervenkrankheiten und gerichtliche Medizin.

laire, und wenn endlich überhaupt kein Zwischenstadium beobachtetwird, so daß der abwechselnd tobsüchtige und melancholische Krankeauch nicht vorübergehend klar wird, diagnostiziert man alter-nierendes Irresein. Es giebt Irrenärzte, welche jedem Menschen,also auch dem Gesunden, eine gewisse Anlage zum cirkulären Irre-sein nachreden, was in dem Dichterwort: „Himmelhochjauchzend —zu Tode betrübt" ausgedrückt ist. (Xnn Zrano galis ist dieseAnschauung auch richtig, denn bei genauer Beobachtung zeigt sich,daß auch der psychisch intakte Mensch in seinem Verhalten wechselt,was feinfühlige Naturen selbst merken, während es bei anderender Umgebung auffällt. Ist zu gewissen Zeiten die Auffassuugs-fähigkeit eine leichte, der Thatendrang, der Wille ein durch nichtsgehemmter, so liegt es zn anderen Zeiten auf der Seele wie eiuAlpdruck — uud für beide Zustände läßt sich in der Außenweltkeine Erklärung finden. Es ist der Zukunft vorbehalten, dieseZustände näher zu studieren und vielleicht nachzuweisen, daß sichdieselben von Barometerschwanknngen, auf welche schon am Endedes 18. Jahrhunderts von Ärzten ein Gewicht gelegt worden ist,ableiten lassen. —

Das periodische Irresein, welches gleichfalls sich in derMehrzahl der Fälle nur bei Belasteten einstellt, wurde schou früh-zeitig erkauut uud von Gnislain, Reil und Spurzheim durchatmosphärische Einflüsse, von anderen, wie Friedrich, durch deuEinfluß des Mondes auf deu Meuscheu erkärt. Morel erkauutedie schlimme Prognose dieser Zustände uud Ludwig Kirn (1839—1899) wies in seiner ausgezeichneten Arbeit: „Die periodischenPsychosen" (1878) nach, daß die einzelnen Anfälle ein wichtigesMoment für die Prognose abgeben. Dieser unterschied auch idio-pathische Fülle, das heißt solche, welche central ausgelöst werden,und sympathische, welche durch äußere, auf das Ceutralorgau fort-geleitete Reize entstehen. Meist dreht es sich um eine periodischeTobsucht, iu seltenen Fällen aber auch um eine Melancholie. Fürdie Gerichtspraxis sind diese Fälle von großer Bedeutung.

Vou einem Engländer Prichard stammt das Krankheitsbildder moi-al inLanit^, des moralischen Irreseins. Schon Groh-mann hatte 1818 drei verschiedene Formen aufgestellt, bei denen