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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Bewegung.

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den Befruchtung bringenden Insekten besucht, sie stehen daher zumEmpfang der Gäste offen, wogegen sie in der Nacht, wo dieInsekten fern bleiben, durch das Zusammenschließen eine starkeAuskühlung vermeiden. Ähnlich ist es mit den Blättern, derenChlorophyllthätigkeit uur im Lichte vor sich gehen kann; zu Zeitenalso, in denen keine Assimilation stattfindet, nehmen sie eineStellung ein, in welcher eine zu starke Ausstrahlung uud dieGefahr des Erfrierens vermieden wird. Wir haben in denUntersuchungen von Batalin:Über die Ursachen der perio-dischen Bewegungen der Blumeu und Laubblätter" (1873)sehr instruktive Studien über das fragliche Thema. Eine der reiz-barsten Pflanzen ist die Niinosg. puäioa, welche auf die geringstenErschütterungen reagiert, so daß man an ihr vielfach die Reiz-erscheinungen studiert hat. Bei ihr Pflanzt sich ein Reiz, der aufeines der Blättchen ausgeübt wird, rasch auf die benachbartenZweige nnd schließlich ans die ganze Pflanze fort. Die Ursachewurde von Sachs und anderen in der Bewegung des Wassers inden Gefäßbündeln gesucht und gefunden.

Die Ranken- und Schlingpflanzen zeigen uns eine auf-fallende Bewegung. Die Rankenpflanzen haben in ihren dünnen,fadenförmigen Organen ungemein sensible Orgaue, welche sich festum dünne Gegenstände wickeln, die ihnen in den Weg kommen,und dadurch die Pflanze gewissermaßen festbinden. Der Weinstockbildet das beste Beispiel. Es ist auffallend, daß diejenigen Ranken-pflanzen, welche Gelegenheit finden, sich an Gegenständen zu be-festigen, viel kräftiger wachsen, als solche, denen diese Gelegenheitnur iu bescheidenem Grade zu teil wird. Bei den Schlingpflanzenhandelt es sich nicht um besondere Klettervrganc, sondern um dieSproßaxe, welcher die Fähigkeit zukommt, iu Form einer Schrauben-linie eine feste Stütze so zu umschlingen, daß die ganze Pflanzedamit einen festen Halt bekommt. Die Sproßaxen haben meisteine rauhe Oberfläche, mit der es ihnen besser gelingt, sich festzu-halten. Hugo Mohl, Darwin , de Vries und de Candollehaben auf diesem Gebiete experimentelle Studien unternommen, vonWortmann stammt dieTheorie des Mindens" (1886), dieim wesentlichen die Ansichten von Sachs wiedcrgiebt.--