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XII, Botanik.
Kommen wir nunmehr zum Geotropismus und, Helio-tropismus, so bezeichnen wir damit die Eigenschaft der Pflanzen,daß sich die Sproßteile dem Lichte zu, die Wurzeln dagegen vondemselben abwenden. Wenn man die Pflanzen aus ihrer natür-lichen Lage in eine unnatürliche versetzt, also z. B. einen Blumen-topf umkehrt, so daß die Bluten nach unten schauen, so wirddurch heliotropische Reizwirkung schon nach kurzer Zeit die Blumedie Tendenz bekommen, ihre Sproßteile aufwärts wachsen zu lassen.Dies ist aber nur bei den nachwachsenden Teilen, wie eben erwähntwurde, der Fall, die ausgebildeten Organe behalten die einmaleingenommene Stellung bei. Die gleiche Tendenz haben dieWurzeln, nur wachsen sie nach abwärts ^Geotropismus). Darwin hat dafür die Hypothese aufgestellt, daß der Vegetationspunkt derWurzel ähnlich wie das Gehirn des Tieres die Wnrzelbewegungenbeherrscht, wurde aber von Detlefsen uud anderen Pflanzen-physiologen entschieden widerlegt. Hofmeister führte die Abwärts-krümmung der Wurzeln auf ein Herabsinken einer zähen undteigartigen Masse znrück. Sachs hat den Geo- und Heliotropismusdurch die Gravitatiousgesetze erklärt und hat sich viel mit dieseninteressanten Wachstumserscheinuugen beschäftigt, wie seine zahl-reichen Arbeiten beweisen. Sein Schüler Hermann Müller hat1876 in seiner Arbeit: „Über Heliotropismus" die Sachs-schen Theorieu, welche besonders von Julius Wiesner : „Dieheliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche" be-kämpft wurden, in klarer Weise erörtert. — Unter Anisotropieder Pflanzenorgane versteht man die Thatsache, daß die ver-schiedenen Organe einer Pflanze unter der Einwirkung derselbenäußeren Kräfte die verschiedensten Wachstumsrichtungen annehmen.Dabei wird die Pflanze in erster Linie durch den Heliotropismusnnd Geotropismus beeinflußt. Man unterscheidet orthotrope undplagiotrope Organe. Orthotrop sind alle Organe, welche sich indie Vertikale ihres Standortes stellen, also der Stamm und dieHauptwurzeln einer Pflanze, während die Seitenwurzeln, Seiten-sprossen und Blätter, welche mehr oder weniger schiefe Richtungenannehmen, als plagiotrop bezeichnet werden. Der erste Versuch,in das Durcheinander von Beobachtungen in dieser Richtung einige