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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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XII. Botanik.

welcher weiß, gelblich, auch rot aussieht und dessen Sekretion nachgeraumer Zeit wieder aufhört, wenn sich die Wunde geschlossenhat. Der Milchsaft besteht aus eiuer wässerigen Flüssigkeit, inwelcher, ähnlich wie in der Milch, kugelförmige Tröpfchen suspen-diert sind, die meist aus Harz bestehen. Die bekanntesten Milch-säfte sind das Opium und der Kautschuk, von denen das erstereeine Reihe von Alkaloiden enthält, welche die moderne Chemie zuseparieren im stände ist; auch die Anwesenheit von Enzymen istkonstatiert worden. Die in dem Milchsaft enthaltenen Kohlehydrate,Fette und Eiweiß-Substanzen braucht die Pflanze zum eigenenStoffwechsel, die übrigen Bestandteile, welche für den Menschen sogroßen Wert haben (Opinm, Kautschuk zc.) sind jedoch als sürdie Pflanze nicht mehr nötige Ausscheidungsprodukte aufzufassen.Letztere werden auch in den Sekretbehültern gesammelt, denenman deshalb den Namen von Exkretionsorganen zu geben vor-schlug. Mau findet in diesen Kalcinmoxalat, Harze, Ole, Gummi,Gerbstoffe und konnte den Nachweis liefern, daß Pflanzen, welcheMilchröhren haben, keine Sekretbehälter zeigen uud umgekehrt, sodaß also diese beiden Organe sich ersetzen können. Die Krystalledes oralsauren Kalkes studierte namentlich Holzner (1864), überdie Milchröhren verbreitete sich W. H. Scott in seiner Arbeit:Zur Entwickelungsgeschichte der gegliederten Milch-röhren", von Hanstein haben wir eine AbhandlungÜber dieOrgane der Schleim- und Harzabsonderung" (1868).

Haben wir nun im allgemeinen die Geschichte der Pflanzen-physiologie durchgesprochen, die sich zum großen Teile auf denNamen Sachs aufbaut, so ziemt es sich, auch der Systematikeinige Worte zu widmen, nachdem wir kurz die Entwickelungs-geschicht gestreift haben. Auf diesem Gebiete war namentlich deVary thätig, der die Lehre von den Pilzen reformierte und damitdie Untersuchungen von O. Brefeld anregte. Diesem Forschergelang es, die Entwickelungsgeschichte eines Pilzes, ausgehend voneiner einzigen Spore, zu verfolgen und damit ein natürlichesSystem der Pilze zu begründen. Großes Aufsehen erregte dieEntdeckung, daß die Flechten symbiotische Doppelwesen sind, dieaus der Vereinigung von Pilzen (Ascomyceten und Hymenomyceten)