Der Klassizismus.
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beiden Dichterfürsten her war es noch recht einsam ans ihrerstolzen Höhe.
Es hing dies damit zusammen, daß sie einer Richtung huldigten,die sie abseits führen mußte von dem, was damals populär war— sie waren Ncnhumanisten. Langsam, aber sicher war zunächstvon der jüngsten Universität, dem haunoverscheu Göttingen dieseneueste Reeeption des klassischen Altertums ausgegangen: eshandelte sich um eine „Neubeseelung der Philologie", wie es ErwinRvhde so treffend bezeichnet, die wieder einmal „in ihren bestenKöpsen das Bestreben zeigte, ans einer äußerlich lcrubaren Gelehr-samkeit eiu das ganze Innere bestimmender uud bildender Humanis-mus zu Werden: pbilosoodig. lleds-t czuas xlnlolo^ig. kuerat". Undgerade um die Wende des Jahrhunderts stand als geistiger Führerdieser Richtung Fr. A. Wolf auf der Höhe seines Schaffens: seineProlegomena zn Homer sind 1795, seine Goethe gewidmete Dar-stellung der Altertumswissenschaft ist 1807 erschienen. So machtedie Philologie den Ansang mit jenem Aufschwung der Geistes-wissenschaften in Deutschland , der dem der Naturwissenschaften inden fpütcren Jahrzehnten unseres Jahrhunderts durchaus eben-bürtig ist. Es war eine neue Renaissanee — die wievielte ist dasdoch in der Geschichte des deutschen Geisteslebens? uud seit Winckel-inann und Lessiug huldigten ihr auch jenseits der strengen Wissen-schaft die feinsten Geister; eine Wechselwirkung fand statt, der nen-erwachte dichterische Geist belebte die wissenschaftliche Arbeit undder Klassizismus unserer Dichter holte sich bei den Philologen Ver-ständnis, Anregung und Belehrung für Inhalt und Form.
So bezeichnet auch für Schiller uud Goethe der Zeitraumvon 1787 bis 1803, d. h. von Goethes Jphigenie bis zu SchillersBraut von Messina die Periode ihres Klassizismus. Und nebenihnen stand als der feinsinnigste Vermittler zwischen Sprachwissen-schaft und dichterischer Produktion Wilhelm von Humboldt . AnGoethes Hermann und Dorothea entwickelte er seiue ursprünglichdem Griechentum entnommenen, durch Kant und Schiller geläutertenästhetischen Auschauungeu. Nur schwer köuueu wir uus heute uochvorstellen, waS diesen Menschen Homer und was ihnen Griechenland gewesen ist. Hier finden sie, was sie suchen und selber werdeu