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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen.

wollen Menschen, ganze nnd volle, individuelle und schöne Menschen:hier glaubten sie das Ideal, das wir erst mühsam erjagen müssen,das Ideal einer ästhetischen Kultur wirklich erreicht. In dieseridealistischen Verklärung sieht Humboldt die griechische Menschheit,und darum versenkt er sich mit Wolf in die einfache Größe undSchönheit Homers, darum übersetzt er für sich Pindar und bcgiuutdie Übertragung des Aschylcischen Agamemnon, denn in diesenDichtern fand er eine einzigartige Verknüpfung plastischer und musika-lischer Eindrücke. Es ist gesagt worden, der Nenhumanismus habedie Griechenbegeisternng religiös empfunden und betrieben; imstrengsten Sinne gilt das mir von jenem unglückseligen schwäbischenDichter Hölderlin , dessen Griechensehnsucht so reine und seineBlüten trieb, dem aber über dem Heimweh nach dem Land derGriechen, das er mit der Seele suchte, die allzuzart besaitete Lautezerbrach, der arme Sinn hoffnungslos verrückt wurde. Allein biszu einem gewissen Grad ist Ähnliches doch auch bei andern derFall gewesen: in den Genien spottet Schiller über das hitzige Fieberder Gräcomanie und mahnt Friedrich Schlegel zn Verstand, Maßund Klarheit, aber seineGötter Griechentands" hatten doch auchdie Totenklagc angestimmt über das Vergehen der schönen griechi-schen Götterwelt. Und etwas wie Religion bedeutete es auch deinweit kühleren Humboldt: in der Mitte zwischen einer das positiveChristentum bekämpfenden Aufklärung und einer den mittelalter-lichen Katholizismus wieder erneuernden Romantik, blieb er bei demspecifisch griechischen, dem klassischen Ideal, das seinen heidnischenUrsprung und Charakter nicht verleugnen konnte und wollte: erfühlte positiv griechisch, also weder christlich noch antichristlich. Undendlich heißt uns auch Goethe nicht umsonst der alte Heide; seineBraut von Korinth klagt:

Und der alten Götter bunt GewimmelHat sogleich das stille Haus geleert.Unsichtbar wird Einer nur im HimmelUnd ein Heiland wird am Kreuz verehrt;Opfer fallen hier,Weder Lamm noch Stier,Aber Menschenopfer unerhört.

An ihm aber und an Schiller wird uns auch klar, was unser

Volk dieser Schule der Alteu damals zu daukeu hatte, lind darnm,