1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen.
Bildung: Menschheit und Glückseligkeit", so war das eine so scharseAbsage an die Ausklärung wie nur eine, und sie erfolgte im Nameneines Bildnngsideals, das von allen das universalste war. Rechnenwir dazu endlich noch sein Naturgefühl, seine die Jdentitätsphilo-sophie anteeipierende Jneinssetzung von Geist nnd Natnr, sein Ver-ständnis für die Eigenart des Mittelalters und die ganz persön-licheGestalt seines genialischen Denkens in ihrer sprunghast rhapsodischenSysteinlosigkeit uud ihrer von leideuschaftlicheu Stimmungen vor-wärts getriebeneu Subjektivität, so kanu man zwar vielleicht überden thatsächlichen Einfluß Herders auf die Romantiker im einzelnenstreiten, darf aber daran nicht zweifeln, daß er die Romatik, siesoznsagcn prüformierend, als einen Teil seines Wesens in sich trug.
Persönlich steht Herder freilich um die Wende des Jahrhun-derts als ein rechter Neithart und Griesgram beiseite uud schreibtverstimmte und verfehlte Bücher gegen Kant und nörgelt uudmäkelt an dem glücklicheren und größeren Goethe. Aber dabeiging, ihm selbst kaum bewußt, seine reiche Saat doch eben jetzt aus.Aug. Wilh. Schlegel erfüllte als Übersetzer die Forderungen, dieHerder an Übertragungen fremder Dichterwerke gestellt hatte —es war ciu Nachdichten mehr als ein Übersetzen; nnd er übersetztShakespeare, zu dem sich unter Herders Ägide Goethe am „Schäke-spears Tag" des Jahres 1771 so überschwänglich bekauut hatteund den jetzt sein Brnder Friedrich als „Vertreter der interessantenPoesie" feiert; und Tieck , nnmnehr des Kucchtsdienstes bei Nicolailedig, greift für feine Dichtungen nach den deutschen Volksbüchern,wie wiederum aus Herders Anreguugen hiu Goethe sür feinen Fanstnach ihnen gegriffen hatte. Und auch an der romantischen Theoriefängt Friedrich Schlegel bereits zn zimmern an und macht dabeifreilich die unglaublichsten Sprünge; aber daß neben der franzö-sischen Revolution nnd neben Fichtes Wissenschastslehre GoethesWilhelm Meister als Roman der Romane eine der drei großenTendenzen des ausgehenden Jahrhunderts bedeute, verkündigt erohne Schwnuken mit allem Nachdruck. Uud damit tras er dieSache doch: das Revolutionäre, das ganz Subjektive uud dasÄsthetische und Praktische als Leben und Erleben in eins zusammen-gefaßt — das waren wirklich die drei Tendenzen der Romantik