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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
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Die Romantik.

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als einerprogressiven Uuivcrsalpoesic", zu deren Inventar erdann noch selber das Spiel der Ironie hinzufügte.

Dieser Begriff ist für die Romantik der charakteristischste, aberauch der bedenklichste. Man hat als Quelle dafür neuerdings be-sonders Jean Paul genannt; und es ist wahr, seine Artdas Komischeneben das Empfindsame zu stellen nnd ihm dadurch nachträglicheinen Teil der Empfindsamkeit zn rauben" oder, wie er selbst sagt,den Leser ins Dampfbad der Rührung zu führeu und ihn sogleichwieder ins Kühlbad der frostigen Satire hinauszntreiben" entsprichtder romantischen Praxis in Trecks Volksmärchen oder in ClemensBrentanos Godwi"; und das Athenäum weist ausdrücklich aufseineGrotesken und Bekenntnisse als die einzigen romantischenErzeugnisse unseres nnromantischen Zeitalters" hin und freut sich,daßsich der Mensch von universeller Tendenz an den grotesken Por-zellnufigureu seines wie Reichstrnppen zusammengetrommelten Bilder-witzes ergötzen oder die Willkürlichkeit iu ihm vergöttern" könne.Namentlich ist es jene von Brentano treffend sogenannteIroniedes aus dem Stücke Falleus", die Jean Paul bis zum Unerträg-lichen übt uud die ihm die romantischen Dichter in Roman undDrama ebenfalls bis zum Überdruß nachmachen; nnr ist sie beiihnen uoch unerfreulicher, weil sie eben Nachahmung und Manier ist.

Aber Alfred Kerr , der vou Brentano aus auf diesen EinflußJean Pauls geführt worden ist, weiß doch anch, daß es daneben nocheine subtilere und wandlungsreichere Form der romantischen Ironiegiebt, nnd sie kennt der Verfasser der Geschichte der Poesie derGriechen von Sokrates her; diese sokratische Ironie stellt er daherin den Lyecumsfragmenten voran, wo er freilich unhistorischgenug von ihr sagte:sie ist die einzige, durchaus unwillkür-liche und doch durchaus besonnene Vorstellung. Es ist gleich unmög-lich sie zu erkünsteln und sie zu verraten. Wer sie nicht hat, deinbleibt sie anch nach dem offenen Geständnis ein Rätsel. Sie sollniemanden täuschen als die, welche sie für Täuschung halten nndentweder ihre Freude haben an der herrlichen Schalkheit, alle Weltzum besteu zu haben oder böse werden, wenn sie ahnden, sie wärenwohl auch mit gemeint. In ihr soll alles Scherz und alles Ernstsein, alles treuherzig offen und alles tief verstellt. Sie entspringt