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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen,

nur Eines die Fühlung mit der ihn umgebenden sittlichenWirklichkeit und der historische Sinn für sie und für seine eigeneHerkunft aus ihr uud seiue Abhängigkeit von ihr: wie bei Wilhelmvon Humboldt so bedürfte es auch bei ihm des Hereingreisenseines großen historischen Schicksals, um ihn an seiue Welt zubinden und Hand legen zu lasseu an die Schaffung jenes erhabenenReiches der Bildung und der Sittlichkeit ans dem realen Bodendes preußischen Staates uud mitten heraus aus dieser seinerWeltwirklichkeit.

In dem allem liegen romantische Elemente unauflöslich ver-wobeu mit anderem, was ihn von den Romantikern trennt. Zudiesem Trennenden gehört aber mit aller Bestimmtheit jedenfallsuoch eines. Wie in den Monologen, so hatte es Schleiermacher schon in den Reden abgelehnt, trotz der schönen rhetorischen Forin,die er dem höchsten Gegenstand einzig angemessen erachtete, einenWeg vom Gebiete des Kunstsinns zur Religion zu siudeu, sei es,daß es keinen solchen gebe und die Künstler deshalb vielleicht ver-urteilt seien, irreligiös zu sein, oder daß nur ihm dieses Gebietzu schwierig uud zu fremd sei. So ließ er sich in die künstlerischeund poetische Richtung der Romantik nicht hineinreißen und schütztesich dadurch auch iu der Auffassung der Religion vor jener Über-schätzung des mittelalterlichen Katholizismus, der Novalis in demunter dem Einfluß der Reden geschriebenen AussatzEuropa " zumOpfer fiel. Ganz fromm und ganz frei! war das Motto Schleier-machers ; durch Frömmigkeit zur Unfreiheit! war das Thema, dashier von Novalis variiert wurde. Deu Genossen allen aber zeigtesich Schleiermacher weit überlegen an Wissen zuerst und Kennt-nis seiner Vorgänger, und darum konnte ihm auch die Syntheseder beiden großen Tendenzen der neueren Philosophie, der Ab-hängigkeit und der Freiheit, Spinozas und Fichtes, besser gelingenals ihnen, wobei doch immer die Hauptsache blieb,daß jederMensch auf eigene Art die Menschheit darstelle in einer eigenenMischung ihrer Elemente, damit auf jede Weise sie sich offenbare".Vor allem aber überragte er sie an Charakter: er war eine durchuud durch sittliche Natur, und darum fehlte dem Verküudiger derschlechthiuigen Abhängigkeit auch der Tic der Freiheit nicht, nnd deshalb