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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen.

Einen Augenblick schien es freilich, als ob sie eine einseitig litterarischeund literarhistorische Wendung nehmen wolle, damals als Aug.Will). Schlegel, der alexandrinische Literarhistoriker undurteils-sertige" Kritiker der Schule, nach der Auflösung des Kreises inJena nach Berlin ging und dort in öffentlichen Vorlesungen überschöne Litteratur und Kunst die von seinem Bruder keck undparadox im Fragmentenstil hingeworfene Doktrin der Schule syste-matisch ausbaute und für sie um Verständnis und nm Anhängerwarb. Aber wenn er im zweiten Kursus mit einer entschiedenenVerurteilung seines ganzen ideenlosen Zeitalters einsetzt nnd nebender Poesie den Zustaud der Wissenschaft, des geselligen Lebens, derPolitik, der Erziehung, der ganzen Anschanungs- und Gesinnnngs-welt desselben, mit scharfer Zuspitzung ans die iu Berlin noch immernicht überwundene Ausklärung, als einen solchen deS tiefstenVerfalls schildert, so zeigt sich doch auch bei ihm die Absicht alseine allumfassende, die Wirkung dieser neuen Bildung soll sich ansalle Gebiete erstrecken; und über Erwarten ist das denn anchgelungen.

Drei Punkte sind es vor allem, an welchen sich dieser Einflußder Romantik auf Wissenschaft und Leben verhängnisvoll spürbarmachte. Kant hatte die Menschen mit ihrem Naturerkennen ansdie Gesetze der Vernunft hingewiesen und in Kopernikanischer Um-kehrung die Natur vom erkennenden Ich abhängig gemacht; dieKausalität ist eine Kategorie unseres Verstandes, kein Gesetz derDinge außer uns; daraus beruht ihre Allgemcingültigkeit und Not-wendigkeit. Fichte ging noch einen Schritt weiter und ließ dieNatur vou der Verminst verschlungen werden, potenzierte das Ichmit seiner Produktiven Einbildungskrast zum alleinigen Schöpferder Welt der Erscheinungen und verdünnte so den transcendentalenzum subjektiven Idealismus. Auch die Romantiker waren subjektiveIdealisten wie er, aber sie gingen weit über ihn hinaus; denn sienahmen dem Ich die Gesetzmäßigkeit und das Gesetz und begabtenes mit der Willkür des Genies: schöpferisch ist in Wahrheit nurdas geniale, das künstlerische, das an nichts gebundene uud sichselber an nichts bindende Ich. Damit lösten sie es in der Wissen-schast los von der Zncht des logischen Gesetzes und von der spröden