Die Romantik.
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Aber die Übertreibung dieses Zwangs, das ruere in 86rvi-tium der Geschichte, der Historismus im Dienste der Reaktion uudmit dem Gesolge scheuer Thatenlosigkeit und angekränkelter Gedanken-blässe — das ist doch ebenfalls das Werk der Romantik uud ihreSuach rückwärts gewendeten Blicks und beeinträchtigt ihr Verdienst,das sie sich um die Wiedererweckung des Interesses an unsererdeutschen Vorzeit unstreitig erworben hat. Das Schlimmste aberwar, daß sie, bemüht die Poesie iuS Lebcu eiuzusühreu, uuu auchdie poetische, sarbeureiche Welt des Mittelalters in unsere Wirklich-keit und Gegenwart zurückführen, sie mit allen ihren Institutionenfür uus wieder lebendig machen wollte. Ein Quell der Erueueruugfür daS religiöse und politische Leben namentlich schien es ihr.Fast noch harmlos klingt es, wenn an Dürer neben seinem künstle-rischen anch der schlichte, einfältig-fromme Sinn gepriesen und derWunsch laut wurde, mit ihm und Raphael im selben Jahrhundertzusammengelebt zu haben, und so Frömmigkeit und Kuustbegeisterungin eins zusammenklingen uud sich zusammenschlingen. Schon polemischerist Wackenroder , wenn er sich gegen den uukünstlerischen uud uufrommenGeist des Anfklüruugszeitalters wendet, doch hält er eben darum Lutherwegen seiner Vorliebe für die Musik eines guten Wortes noch fürwert. Dagegen geht Tieck in „Frauz Sterubalds Wauderuugeu"schon weiter zu Klageu und Anklagen auch gegen die Reformation,die „statt der Fülle einer göttlichen Religion eine dürre, vernünf-tige Leerheit erzeugt habe, die alle Herzen schmachtend zurücklasse".Und selbst Schelling meint in seinem „Epikurisch GlaubensbekenntnisHeinz Widerporstens":
Drum, sollt's eine Religion noch geben
(Ob ich gleich kann ohne solche leben),
Könnte mir von den andern allen
Nur die katholische gefallen,
Wie sie war in den alten Zeiten,
Da es gab nicht Zanken noch Streiten.
Bei ihm ist es freilich nur hypothetisch gemeint, uud die Art,wie er diese katholische Weltanschauung des weitern beschreibt undschildert, klingt ironisch und blaSphemisch genug.
Um so erusthafter redet dagegen Novalis in dem schon ge-nannten Aufsatz „die Christenheit oder Europa". Hier wird alles
Zieqler, die geistigen u, socialen Strömlingen des lg. Jahrh. 4