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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen.

von den ander» Gesagte weit überboten durch dao freilich auchphantastisch verzerrte Bild, das er vou dem Gang der Geschichteunter dem Gesichtspunkt der Religion entwirst. Es waren schöne,glänzende Zeiten, so hebt die romantische Geschichtsklitterung diesesmerkwürdigen Protestanten an, wo Europa Ein christliches Landwar; ein großes gemeinschaftliches Interesse verband da die ent-legensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reiches; ohne großeweltliche Besitztümer leukte und vereinigte ein Oberhaupt die großenpolitischen Kräfte. Unmittelbar nntcr ihm stand die zahlreicheZnnft der Geistlichen, anSerwählte, mit wunderbaren Kräften aus-gerüstete Männer, die erfahrenm Steuerleute auf dem großen un-bekannten Meere des Lebens: Friede ging von ihnen aus, siepredigten nichts als Liebe zu der heiligen wunderschönen Fran derChristenheit, die mit göttlichen Krästen versehen jeden Gläubigenaus den schrecklichsten Gefahren zu retten bereit war. Das weiseOberhaupt der Kirche aber widersetzte sich mit Recht frechen Ano-bildnngen menschlicher Anlagen aus Kosten des heiligen Sinns nndunzeitigen gefährlichen Entdeckungen im Gebiet des Wissens; sowehrte er den kühnen Deutern ösfeutlich zu behaupten, daß dieErde ein unbedeutender Wandelstern sei; denn er wußte wohl, daß dieMenschen mit der Achtung für ihren Wohnsitz und ihr irdischesVaterland auch die Achtuug vor der himmlicheu Heimat uud ihremGeschlecht verlieren und das eingeschränkte Wissen dem unendlichenGlaubeu vorziehen uud sich gcwöhuen werden, alles Große nndWunderwürdige zu verachten und als tote Gesctzwirkuug zu be-trachten. Das waren die schönen wesentlichen Züge der echt katho-lischen oder echt christlichen Zeiten. Aber nntcr dem schädlichenEinfluß der Kultur auf den Sinn für das Unsichtbare entartetedieses Reich, und so predigte endlich ein fencrfangender Kopf öffent-lichen Aufstand. Diese Insurgenten stellten wohl eine Menge wich-tiger Grundsätze auf, aber sie vergaßen das notwendige Resultatihres Unterfangens: sie trennten das Untrennbare, teilten die unteil-bare Kirche uud risseu sich frevelnd vou dem allgemein christlichenVerein los, in dem allein die dauernde Wiedergeburt möglich war.Jrreligiöserweise schlössen sie die Religion in Staatsgrenzen ein,Lnther behandelte das Christentum willkürlich, verkannte seinen