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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
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Die Nomantik.

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Geist und führte in Religionsangelegenheitcn die heilige Allgemeiu-gültigkeit der Bibel und damit die Philologie ein, deren auszehren-der Einfluß von da au unverkennbar wird. So war es mit derDeformation um die Christenheit gethan! Dem trat der Jesuiten-orden entgegen, der jetzt (18,00) in armseliger Gestalt an denGrenzen Europas schläst, aber vielleicht von dorther sich mit neuerGewalt eiust über seine alte Heimat verbreiten wird. Doch aucher konnte die Ausbreitung von Religionshaß und Unglauben nichtverhindern, die Philosophie in ihrer modernen Form als Aufklärungverketzerte Phantasie und Gefühl, Sittlichkeit uud Kuustliebe, Bor-zeit und Zuknnft, sänberte die menschliche Seele uud die Wissen-schaften von der Poesie, vertilgte jede Spnr des Heiligen undentkleidete so die Welt ihres bnnten Schmuckes. Es kam die fran-zösische Nevvlutivn, scheinbar der Gipfel des Unglaubens, in der Thataber ist eine solche Anarchie das Zeugungselement der Religion.Ans der Bernichtuug alles Positive» hebt sie ihr glorreiches Hauptals ueue Weltstifterin empor, lind so prophezeit nun Novalis einenene goldene Zeit mit dunkeln unendlichen Augen, eine wunder-thätige uud wundcnheileude, tröstende uud ewiges Lebe» entzündende,die er mit dem Blick des Sehers bereits im Auzug schaut. Jetzt istuoch Krieg; deu Palmeuzweig kaun allein ciue geistliche Macht dar-reichen, uur die Religion kauu Europa wieder ausweckeu uud dieVolker versöhueu. Dazu muß aber der Protestantismus aufhörenund einer neuen dauerhaften Kirche Platz machen, die ohne Rück-sicht auf die Laudeogrenzen alle nach dem Überirdischen durstigenSeelen in ihren Schoß aufnimmt und das alte Füllhorn des Segenswieder über die Völker ausgießt.

Der Aufsatz ist damals nicht gedrnkt worden bezeichnender- ^weise auf den Rat des alten Heiden Goethe, dem vor soviel Reli-giosität graute; erst in der vierten Auslage der Schriften vonNovalis hat ihn Friedrich Schlegel zum Abdruck gebracht, nachdemer inzwischen mit Dorothea Veit , die ihm zu lieb zunächst einmalProtestantisch geworden war, zur katholischen Kirche übergetreten wanund er war nicht der einzige aus dem romantischen Kreise, der diesenSchritt that; auch Karl v. Hardeuberg, eiu Bruder des früh verstorbenen

Novalis , that ihn, um von anderen späteren Konvertiten hier noch

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