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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
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5.2

1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen,

zu schweigen. Nun wird man ja freilich in dem Anfsatz von Novalis auch die fortschrittlich-weitherzigen Züge eines universalen Christen-tums nicht verkennen dürfen; aber immerhin das war doch eineganz andere Verherrlichung mittelalterlicher Frömmigkeit, eine weitenergischere Abkehrung vom Protestantismus als wir sie iu denHerzeusergießnugen des Klosterbruders oder auch noch in Stern-balds Wanderungen finden; und diesem Mann ist es ganz andersernst mit seiner centralen Auffassung der mittelalterlichen Religionals Tieck iu der Geuoveva oder im Kaiser Oktavian . Nehmen wirdazu hier schon die Idealisierung der Monarchie, wie er sie in denJahrbüchern der preußischen Monarchie unter der RegierungFriedrich Wilhelms III ." diesem jungen König alsBlumen" znFüßen legte, so ist ja der Sirenengesang von der Znsammengehörig-keit von Thron uud Altar bereits fertig, wie wir ihn nun seithundert Jahren immer wieder anstimmen hören: Novalis ist derDichter, der dieses Märchen, diese tadle oonvevris gedichtet, derProphet, der dieses kirchlich-politische Programm verkündigt hat; undals vollends Gentz die Legende von dem revolutionären Geist desProtestantismus als der Quelle aller Übel und von der BundeS-genossenschast der alten Kirche mit dem monarchischen Legitimitäts-prinzip in die offizielle Publizistik einschmuggelte, da haben esPriester uud Fürsten als historische Wahrheit und unfehlbare poli-tische Weisheit hingenommeu oder halten es doch wenigstensimmer wieder für nützlich, daß wir Volk daran glauben sollen.Von Schlciermachers Wunsch, daßnie der Saum eines priesterlichenGewands den Fnßboden eines königlichen Gemaches möchte berührtund nie der Pnrpur den Staub am Altar mochte geküßt haben",haben sie wohl nie gehört uud uoch weniger die Warnung darinverstehen mögen.

So sind die Romatiker die Vorkämpfer und Träger der Reaktionin Kirche uud Staat geworden.

Endlich das Dritte. Die Nomantik war von Haus aus einelitterarische Schule, eine Cliqne von Kritikern nnd Dichtern; derLitteratur, der Poesie galt also ihr Stürmen uud Drängen. Eineueue Ästhetik entstand, die das geniale Schaffen für Kunst undPoesie uoch einmal höher anschlug als es die Stürmer und Drüuger