Von Kant zu Schelling.
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O gebt euch der Natnr, eh' sie euch nimmt!
-------hebt wie Neugeborne
Die Augen auf zur göttlichen Natnr.
So gewinnt er in der Natur jenes Einswerden mit dem Unend-lichen wieder, das er wie Schleicrmacher als den Kern der Religionerkennt und empfindet.
Unter den Romantikern selbst aber war es Novalis , der in„den Lehrlingen zn Sais" den Übergang von Fichte zu einer lebens-volleren Auffassung der Natur iu mystischer Begeisterung für dieseaubahute. Hier heißt es erst: „Was brauchen wir die trübe Weltder sichtbaren Dinge mühsam zu durchwandern? Die reinere Welt liegtja in uns, in diesem Quell (der Freiheit). Hier offenbart sich derwahre Sinn des großen bunten verwirrten Schauspiels: und tretenwir von diesen Blicken voll iu die Natur, so ist uns alles wohlbekauut uud sicher kennen wir jede Gestalt. Wir brauchen nichterst lange nachzuforschen, eine leichte Vergleichuug, nur wenige Zügeim Sande sind genug, um uns zu verstäudigen." Aber es gehtdoch schon weit über Fichte hinans, wenn ein anderer sagt: „DerSiuu der Welt ist die Verminst; nm derentwillen ist sie da, undwenn sie erst der Kampfplatz einer kindlichen, ausblühenden Ver-nunft ift, so wird sie eiust zum göttlichen Bilde ihrer Thätigkeit,zum Schauplatz eiuer wahreu Kirche werdeu. Bis dahin ehre sieder Mensch als Sinnbild seines Gemüts, das sich mit ihm inunbestimmbaren Stufeu veredelt." Und auch au der „leichten Ver-gleichnng" kaun sich der Schüler Werners, des Begründers der Geo-gnosie an der Bergakademie in Freiberg , nicht genügen lassen:einen Naturhistoriker prophezeit er, der „vertraut mit der Ge-schichte der Natur uud bekannt mit der Welt, diesem höheren Schau-platz der Naturgeschichte, ihre Bedeutungen wahrnimmt und weis-sagend verkündigt". Denn „alles Göttliche hat eine Geschichte, unddie Natnr, dieses einzige Ganze, womit der Mensch sich vergleichenkann, sollte nicht so gut wie der Mensch, iu eiuer Geschichte be-griffen sein, oder, welches eins ist, einen Geist haben? Die Natnrwäre nicht die Natur, wenn sie keinen Geist hätte, nicht jenes einzigeGegenbild der Menschheit, nicht die unentbehrliche Antwort diesergeheimnisvollen Frage, oder die Frage zu dieser unendlichen Ant-
Zicglcr, die geistigen u. socialen Strömungen des lg. Jahrh. 5