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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
81
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Hegel.

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die Wirklichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines Throns, ohne den

er das leblose Einsame wäre: nur

aus dem Kelche dieses Gcisterreichesschäumt ihm seine Unendlichkeit."

Noch Viel mehr aber erinnert die Phänomenologie an den zweitenTeil von Goethes Faust , und deshalb hat Haym ganz recht, wenner von ihr sagt:hier wird das Fest des absoluten Wissensgefeiert; diese Feier würdig zu begehen, wird ein romantischerMaskenzug aufgeführt. Ju lauger Reihe erscheinen vor dem Thronedes Absoluten historische Figureu, zu psychologischen Geistern ver-kleidet und wiederum psychologische Potenzen nnter der Maskehistorischer Gestalten." Daher dann sein Urteil, die Phänomeno-logie sei das Werk einesunverzeihlichen Konfnsionarius",einedurch die Geschichte in Verwirrung uud Unordnuug gebrachtePsychologie und eine durch die Psychologie in Zerrüttung gebrachteGeschichte". Aber dauebeu hat Eduard Zeller doch noch mehrrecht, wenn er seinerseits die Phänomenologiedas Genialste"nennt, was Hegel je geschrieben habe. Es ist romantische Genialität.

Aber trotz dieses Tributes, deu Hegel der Romantik dargebrachthat, seine Philosophie ist bei allem Wurzeln in der Romantik einKampf gegen und ein Sieg über alle Romantik. In ihr wird derGeist Herr über die Natur und die Geschichte Herr über denEinzelnen und das Belieben des Einzelnen; und so bedeutet sie dieAbkehr von der romautischeu Naturphilosophie sie ist im Wesent-lichen Philosophie deS Geistes; die Objektivität, wie sie vor alleinin den großen Mächten der Kultur und der Geschichte sich dar-stellt, überwindet die subjektive Willkür des Einzelnen und istdarum in ihrer ganzen reichen Fülle der Gegenstand dieses Philo-sophierens. Damit tritt Hegel dem griechischen Geiste nahe, für den ersich mit Hölderlin frühe schon begeistert hatte, und ist vor allemGoethe viel mehr verwandt als den romantischen Genossen seinerJenaer Dozentenzeit, wie ihn denn auch Goethe seinerseits Wohlzu schätzen wußte. Für beide ist das Wirkliche eine Macht, vorder sie sich respektvoll beugen

Aus diesem Gegensatz gegen die Romantik heraus, in der derEinzelne mit seinen Gcfühlsansprüchen und der Willkür seiner genialen

Ziegler, die geistigen u. socialen Strömungen des 19. Jahrh. 6