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1800 bis 1830: Nach den Befreiungskriegen,
sprcchens. Allem bei ihm hatte der Liberalismus noch einen anderenGrnnd und Hintergrund: diesem Rheinländer war der PreußischeStaat zu sehr Staat, es wurde ihm darin zu viel regiert, es warihm trotz der Stein-Hardenbergischen Selbstverwaltung noch vielzu viel Bureaukratismus und Mechanismus da; dadurch fühltesich seine urwüchsige Kraft bedrückt, seine starke Individualitätbceugt, seine vulkanische Natur dadurch zu immer uenen Zorn-ausbrüchen empört. Hier ist der Punkt, wo Görres uud Bismarcksich berühren, der Punkt, wo der Liberalismus auch heute uochdie letzte» Wurzeln seiner dahinsiechenden Kraft hat; uns allen istdieser Kampf gegen die Allmacht der Juristen und Bureaukraten,gegen die Schreiberweishcit am grünen Tisch so sympathisch, daßwir darüber oft die Notwendigkeit und den Segen des grünenTisches, die Leistungen und Erfolge unserer Beamtenschaft nur zusehr zn vergessen geneigt sind; und auch das übersehen wir, daßin jeuer Nlmeiguug gegen den preußischen Beamtenstaat doch zu-gleich anch der rvmantisch-ultramontane Partiknlarismns einerspäteren Periode die beste Nahrung und seinen volkstümlichstenHalt finden konnte.
Je mehr sich aber in den zwanziger Jahren die Reaktion ver-schärfte und einlebte, auch im Süden unter dem Drucke Metternichsan Boden gewann, die Kammeropposition zum Schweigen brachte,die Presse knebelte und gegen Demagogen und Liberale auchpersönlich Gewalt brauchte, desto radikaler wurde uatürlich auchder Liberalismus. Gegen Gewalt konnte schließlich nur Gewalt,gegen den Druck von oben nur die Revolution von unten helfen,und anch an republikanischen Äußerungen und Wünschen fehlte es,namentlich im alemannischen Südwestcn an der Schweizergrenzenicht. Auch unter den Studenten regte es sich wieder: die Burschen-schaft bestand heimlich weiter, uud die Radikalen unter ihnen dachtennun wirklich daran, „die Revolution zn erzeugen", sie schwärmtenfür die Republik und hörten grundsätzlich aus, „sich für vorzugs-weise fromm auszugeben". Von der Schweiz her stiftete Follen einengeheimen Jünglingsbund, der sich einem deutschen Mäuucrbundangliedern sollte. Natürlich gab das der Mainzer Centralunter-suchuugskommission willkommenen Stoff zu ueuen Nachforschuugeu,