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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Die romantische Staatslehre.

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eine? Staates";der vollkommene Bürger lebt ganz im Staat".Dieser aber besteht nicht aus einzelnen Menschen, sondern ist einmystisches Individuum".Das Volk ist eine Idee; Mir sollenein Volk werden." Aberder Staat wird zu wenig bei uns ver-kündigt. Es sollte Staatcwerkündiger, Prediger des Patriotismusgeben. Jetzt sind die meisten Staatsgenossen aus eiuem sehr ge-meinen, dem feindlichen sehr nahe kommenden Fusze mit ihm."

Etwas vou solchem romantischen Mysticismus hat zu Zeitenauch Friedrich von Gentz seiner publizistischen Thätigkeit beigemischt.Vom Kantischen Standpunkt aus hatte er in seiner Schriftüberden Ursprung und die obersten Prinzipien des Rechts" die französischeRevolution begeistert begrüßt, unter dem Einfluß Burkes, dessenBetrachtungeu über die französische Revolution" er, wie schonerwähnt, ins Deutsche übersetzte, hatte er dann Wasser in diesenWein gethan und pries hinfort die englische Verfassung an. Beider Thronbesteigung Friedrich Wilhelms III. hatte er denselben ineinem Sendschreiben wie ein zweiter MaraniS Posa ausgesordertPreßfreiheit zu geben. Aber auch diese liberalisierende englische Periode, in der er als publizistischer Bekämpser Napoleons besondersfruchtbar war, lief ab: dieFragmente ans der neuesten Geschichtedes politischen (Eichgewichts in Europa " bildeten den Höhepunktderselben nnd waren ein gewaltiges Kriegsmanisest, worin er dieStarken, Reinen und Guten" zum Widerstand aufrief, an Bered-samkeit staud er darin den Fichteschen Reden nicht nach, vieleGedanken derselben hat er nntccipiert. Aber es ist nicht das ganzeVolk, an daS er sich wendet, sondern nnr eine aristokratischeElite, und darin zeigt sich, recht im Gegensatz zu Fichte und Steiu,das Mißtrauen gegen das Volk uud die romantische Exklnsivität.Und so überrascht es nicht, ihn bald daraus im Dienste Metternichs als den Bekämpser des Liberalismus und den Verfechter des Legi-timitätsprinzips uud der RestaurationStendenzen zu findein an derDemngogenhetze nach KotzebneS Ermorduug hat er hervorragenden Anteilgenommen. Nun verkündigte er, 1813 und 1814 habendie Fürsten mit ihren Feldherrn, die an ihren Ratschlägen teil hatten mitihren Handlangern würde man heute sagen da5 Größte ver-richtet"; gegenüber dem Verlangen des Volkes nach einer Volks-