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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Sprachwissenschaft.

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neben der exakt-empirischen eine philosophische Behandlung, ja fordertsie geradezu. Dnrch diese Verbindung zweier Vehandlungsweisenerscheint uuter deu zahlreichen sprachwissenschaftlichen ArbeitenHumboldts ganz besonders gelungen nnd bewuuderuswert dieauch formell volleudetste Abhandlung überdie Verschiedenheit desmenschlichen Sprachbaues uud ihren Einfluß auf die geistige Ent-wickelung des Menschengeschlechts". Was er hier über den in dergeistigen Natur des Menschen begründeten Ursprung und überdas die zweifache Natur des Menschen vermittelnde Wesen derSprache oder über Lautsystem und innere Sprachsorm oder überdie Klassifikation der Sprachen sagt, das hat noch heute vielfachvolle Geltung. Überall zeigt er sich hier als glücklicher NachfolgerHerders: ideenreich nnd feinfühlig, ins Weite spürend und in dieTiefe dringend wie dieser überragt er ihn bei weitem an Klarheitder Gedanken und mehr noch durch eine wahrhast staunenswerteFülle positiven Wissens. Und anch bei ihm werden die Gedankenüber die Sprache, die er einmal als den Odem nnd die Seele einesVolkes bezeichnet hat, zugleich Ideen zn einer Philosophie derGeschichte der Menschheit.

August Friedrich Wolf war auch für Humboldt wie für soviele eiu Führer gewesen zur Teilnahme an der geistigen Bewegungdes Neuhumanismus; aber auch dieser, der in Wols seinen gelehrtenMeister fand, verdankte Humboldt die feinsten und tiefsten An-regungen, den Philosophischen und ästhetischen Gedankcnhintergrund.In seiuerDarstellung der Altertumswissenschaft nach Begriff,Umfang, Zweck und Wert" vom Jahre 1807 hat Wolf Stellenaus einer Humboldtschen Skizze über die Griechen eingefügt. DieseAbhandlung eröffnete eine mit Bnttmann ins Leben gerufene Zeit-schriftMusenm der Altertumswissenschaft", die Goethe,demKenner und Darsteller deS griechischen Geistes", gewidmet war.Dieses Programm der moderueu AltcrtumSwisseuschast begründetedas Recht derselben mit der Ursprünglichkeit und eigenartigen Ent-wickeluug der beiden Völker, mit deren GeisteSschöpfnngen sie sichzu beschäftigen habe; so ist sie der Inbegriff der Kenntnisse undNachrichten, die nnS mit ihren Handlungen, Zuständen und Schick-salen, mit ihrer Äultur, Sprache, Sitte, Religion, Kunst und