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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
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1830 bis 1848: Die religiöse Bewegung,

gewisse liberalisierendc Indifferenz, also ein rationalistisches Ele-ment zur Voraussetzung hat und seine Verwirklichung in der Thatnnr auf Grund der vorausgegangeneu Aufklärung möglich war.Das empfand in den zwanziger Jahren vielleicht keiner stärker, er-griff jedenfalls keiner gieriger als Ernst Wilhelm Hengstenberg .Seine Stellung nahm er nach einer entscheidenden Wandlung inseinen Anschauungen erstmals, als er an des Ministers Alten-stein Erlaß gegenmystische, pietistische nnd separatistische Abwege"scharfe Kritik übte, dann aber vor allem in der 1827 von ihm insLeben gerufenen Evangelischen Kirchenzeitung, in der wie kaum jezuvor in Deutschland die Religion znr Parteisache gemacht unddadurch herabgewürdigt und vielen aufs neue wieder verdächtig odergründlich entleidet wurde. Rücksichtslos wurde hier allesRationa-listische " bekämpft, mit diesem Namen aber insofern arger Mißbrauchgetrieben, als in ihm nicht nur die Überbleibsel des Rationalismusaus dem vorigen Jahrhundert, sondern auch alles das zusammen-gefaßt wurde, was unter der Flagge Schleiermachers oder Hegelsoder später als junges Deutschland austrat. Leidenschastlich, gehässigund perfid wnrden namentlich auch Persoueu augegriffeu, felbst vorJnvektiven uud Deuuuziationen scheute das edle Blatt nicht zu-rück; am bekanntesten ist die von Ludwig von Gerlach in derKirchenzeitnng in Scene gesetzte Hetze gegen die Halleschen TheologenGesenius und Wegscheider, die der Minister nnr. mit Mühe vorAbsetzung schützen konnte. Es ist eine der schlimmsten GeschichtS-klitterungen Treitschkes, verständlich und entschuldbar nur als einNiederschlag vou Jugeudeiudrückeu, daß er in seiner deutschenGeschichte Heugsteuberg hinter Stranß stellt und so bei seinenLesern den Schein erweckt, als sei dessenLeben Jesu" verant-wvrtlich zu machen sür die Schilderhebung uud MobilmachungHengstenbergs und des orthodox-pietistischen Klubs in der Berliner Wilhelmstraße. Diese war 1827 erfolgt, dasLebeu Jesu erschien 1835;schon in seinen HabilitativnSthesen von 1825 hatte Hengstenberg dasalte Tertullianische Lrsclo ^am ^dsuräum sst wieder einmal zumPrinzip erhoben, der Angriff derVernunft" auf denGlauben"folgte erst zehn Jahre später; Hengstenberg hatte längst schon gegenSchleiermachers VermittlnngStheologie und Hegels Versöhnung von