Druckschrift 
Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
198
Einzelbild herunterladen
 
  

198

1830 bis 1848: Die religiöse Bewegung,

lerischeu und Heimtückischen, des Unwahren und Unheimlichen: siewaren die Perfolger und Unterdrücker und gaben sich doch dasAir der Verfolgten nnd Unterdrückten. Daran haben seit jenenTagen die Besten immer den größten Anstoß genommen, das hatviele abgestoßen und der pietistisch gewordenen Kirche entfremdet.

In Hengstenberg aber lag auch insofern ein Widerspruchsvoll-Uusicheres, als er anfänglich die Union protegierte,um unzähligenSeelen den Segen der Landeskirche zu erhalten", vor der könig-lichen Lieblingsschöpfnng machte dieser glanbenseisrige nnd rücksichts-lose Kritiker also vorsichtig Halt. Erst als Friedrich Wilhelm IV. dasWerk des Vaters zwar nicht geradezu rückgängig machte, aber doch alsMißgriff beklagte uud abschwächte und dagegen den Konfessionalismusstärkte uud begünstigte, snnd auch er in den vierziger Jahren denWeg von der Union zur Betonung eines streng lutherischen Kou-fessioualismus zurück. Darin enthüllte sich zugleich auch der ver-hängnisvolle Einfluß der heiligen Allianz uud ihres Glaubens andie unentwegte Znsammengehörigkeit von Thron nnd Altar. Dieseund im Gegensatz dazu den Zusammenhang von Unglauben undRevolution hat Hengstenberg den Regierenden immer aufs neue klarzu macheu nnd einzuprägen gesucht, darin berührt er sich mit Gentz.So hat er dem Glauben Vorschub geleistet, daß die Kirche imDieust der Reaktion stehe und ist schuld daran, daß alle politischeuOppositionsparteien auch der Kirche Opposition machen: das giltnoch bis zum heutigen Tag.

Die Hegelsche Religionsphilosophie.

Während aber Hengstcnberg an der Arbeit war, Glauben undWissen zu trennen, glaubte Hegel eine Formel gesunden zn haben,um die beiden definitiv miteinander zu versöhnen. Ihm ist dieReligiondiejenige Region, worin alle Rätsel der Welt gelöst, alle'Widersprüche des tiefer sinnenden Gedankens enthüllt sind, alleSchmerzen des Gefühls verstummen, die Region der ewigen Wahr-heit, der ewigen Ruhe"; deshalb haben die Völker mit Recht dasreligiöse Bewußtsein als ihre wahrhaste Würde, als den Sonntagdes Lebens angesehen, aller Kummer, alle Sorge, diese Saudbaukder Zeitlichkeit, verschweln iu diesem Äther; iu dieser Regiou des