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cinzugestcheu, das; objektiv Gott selbst nichts anderes ist als dasWesen des Gefühls, wenn subjektiv das Gefühl die Hauptsache derReligion ist". Diese Basis der Theologie glaubte Feuerbach erkauutund damit ihr Geheimnis, daß sie in Wahrheit Anthropologie sei,aufgedeckt zu haben, er snchte das Wesen der Religion imMenschen und faud es in dessen Glücksverlangen. Dnrch dieseletztere Bestimmung ist er der Pater der sogenannten Wunsch-theologie geworden, die Nitschl vierzig Jahre später, uur zu zahmerPosition umgebogen, wieder aufgenommen hat. Das Wesen derGötter ist also nach Feuerbach menschlich: sie sind Projektionendes Besten in uns, Spiegel des Meuscheu, Ideale der Völker, dasKollektaueenbuch unserer höchsten Empfinduugeu uud Gedauken, aberobjektiv sind sie nicht. Darum hat auch nicht Gott die Menschengeschaffen nach seinem Bilde, sondern die Menschen schufen sichihre Götter anthropomorph nach ihrem Bild. Das ist der Illu-sionismus der Fcuerbachschen Rcligionsphilosophie.
Was so von der Religion überhanpt gilt, gilt natürlich auchvom Christentum: seine Gruuddogmcn sind erfüllte Herzenswünsche,sein Wesen ist das Wesen des Gemüts; Christus ist die Einheitvon Gemüt und Phantasie, daher der Unterschied des Christen-tums vom Heidentum; „an der Not des Herzens scheitert der Mut-wille der olympischen Götter, im Christentum stieg die Phantasieaus dem Palaste der Götter herab in die Wohnnng der Armut,wo nur die Notwendigkeit des Bedürfnisses waltet, und demütigtesich unter die Herrschaft des Herzens". Aber wenn der christlicheGedanke von der Einheit des göttlichen mit dem menschlichen Wesendas geheime Wesen der Religion selber ist, so ist die Form derReligion oder das offenbare, bewußte Wesen derselben der Unter-schied: Gott ist das menschliche Wesen, er wird aber gewußt alsein anderes Wesen. Jenes ist die Liebe, die den Menschen mitGott, Gott mit dem Menschen identifiziert, dieses der Glaube, der„Gott vom Menschen trennt, und darum den Menschen von demMenschen; denn Gott ist nichts anderes als der mystische Gattungs-begriff der Menschheit". So setzt sich „durch den Glauben die Re-ligion mit der Sittlichkeit, der Vernunft, dem einfachen Wahrheits-sinn des Menschen in Widerspruch"; der Glaube ist das Gegenteil
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