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1830 bis 1848: Die religiöse Bewegung,
bekämpfte er den weitverbreiteten und in allerlei auch christlicheFormen sich kleidenden Aberglauben. Alles das aber geschah imGeiste eiuer Mahrhast humanen Milde und Duldsamkeit, an dieStelle der Polemik trat bei ihm und seinen Gesinnungsgenossendie Jrenik. Es war ein idealer, menschlich verklärter Katholizis-mus, deu er praktisch und schriftstellerisch vertrat und auch in seinerGeistlichkeit zu verbreiten suchte. In diesen Bestrebungen wußte ersich eins mit dem ebenfalls mehr praktischen und sinnigen als ge-lehrten nnd verstandesmäßigen Hirscher in Tübingen und Freiburg und mit dem milden 'und gemütvollen Sailcr in LandShnt undRegensburg . Sie alle waren Männer einer Übergangszeit — vonder Aufklärung hinüber zur religiösen Wiedererneuerung, aberrömisch-katholisch im heutigen Sinne deS Worts waren sie nicht.Nnd sie standen nicht vereinzelt, in Süddeutschland hielt der Kleruszu Wessenberg und die Mehrzahl desselben fühlte wie er durchausdeutsch und wahrhast „christtatholisch". Um so bedauerlicher wares, daß sich an einem solchen Mann erstmals auch die Unznver-lässigkeit der deutschen Regierungen denjenigen gegenüber zeigte, diedurch treues Festhalten am Staat mit der Kurie in Konflikt kommen.Wessenberg wnrde das Opfer einer solchen verfehlten Kirchenpolitikund von der inzwischen in andere Bahnen einlenkenden badischenRegierung der Kurie zulieb preisgegeben.
Sailer und Hirscher zeigeu, wie zu Anfang des Jahrhundertsdie katholische Kirche uach Überwindung des Rationalismus ihre»Anteil an dem Aufschwung der theologischen Wissenschaft zu ge-winnen suchte. Der bedeutendste Vertreter einer solchen wissen-schaftlichen Richtung war der Professor Hermes, erst iu Münster,dann iu Bonn . Er suchte Glauben und Wissen miteinander zuversöhnen nnd räumte daher diesem iu erster Linie als Ent-wickelungsstufe seine Stelle und sein Recht ein. Von Kant undFichte stark beeinflußt beganu er gauz kartesianisch mit dem Zweifel,freilich nur nm ihn dann um so energischer zu überwiudeu uuddurch seiue Erkenntnistheorie einer „christkatholischen Theologie"den Weg zu bahnen. Damit machte er Schnle, sein Einfluß aufden Universitätsbetrieb der katholischen Theologie wuchs rasch, mehrals dreißig Lehrstühle auf deutscheu Hochschulen waren mit Her-