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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Der Kirchenstreit in Preußen .

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war nicht unverdächtig und unangefochten: eine ganz andere, massiveund uufeine Auffassung, wie sie z. B. der Bischof Näß in Straß-burg uud sein Freund Weis in Speher in ihrer ZeitschriftDerKatholik" vertratet?, trug den Sieg davvu. Daß auch Döllingerals Möhlers Kollege in München in dessen Bahnen sich bewegte,sei noch erwähnt. Der größte Historiker der katholischen Kirche imneunzehnten Jahrhundert war lange Zeit ein streitbarer .Kämpeund gefährlicher Gegner des Protestantismus, freilich nach seiueueigenen Worten dabeimehr Sachwalter als Historiker". Aber daßer frühe schon sich von der immer stärker heranwachsenden jesuitisch-ultramoutauen Richtung ablöst uud schließlich im vollen Bruchmit ihr geendet hat, zeigt, daß Mohler zu guter Stunde fürseine» kirchlichen Ruf schoti 1838 gestorben ist dem Zartbesaitetenwar schon der streitbare Ton seiner Münchner Genossen zn rauh,er fiel ihm auf die Nerven. Die katholische Kirche aber geriet,indem sie diese Bahnen beschritt, immer mehr in Gefahr, aufdeutschem Bvdeu sich ihrer besten Söhne zu berauben nnd amNötigsten arm zu werdeu, am Geist der Wahrheit und am Geistder Gerechtigkeit.

Der Kirchcnstreit in Preußen .

Wurde so vielfach erustcs wissenschaftliches Streben als zudeutsch aus der Kirche ausgeschieden, so nahm gleichzeitig auch derGegensatz zwischen Rom nnd dem deutschen Staat gewaltigeDimensionen an und wühlte namentlich in den Rheinlanden dieGeister mächtig ans. Hier hatte nach der Zerstörung undSäkularisation der geistlichen Fürstentümer ein Wiederaufbau zustaatlichem Leben besouders Not gethan; denn wie im Kirchenstaat hatte auch in dieser rheinischenPfaffengasse" der Krummstab seineUnfähigkeit zu regiereu offenkundig erwiesen. Der preußische Staathatte somit eine große und schwere Aufgabe; uamentlich galt esdas Schulwesen neu zu organisieren, Johannes Schnlze hat sichdabei zuerst bewährt, die Universität Bonn , im höfischen Stil alsbleibendes Andenken der Anwesenheit Friedrich Wilhelms III. inden Rheinlanden" gegründet, bildete in Wirklichkeit vielmehr denSchlußstein der hier vorzunehmenden Reformen und der hier