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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1830 bis 1843: Die religiöse Bewegung.

zu verwirklichenden Absichten in staatlichem und nationalemInteresse. Aber auch der Erzbischof Spiegel von Köln nahmsich mit rühmenswertem Eiser der Hebung und Besserungder religiösem Zustände und der Bildung seiner Geistlichen an.Merkwürdigerweise machte es dieser deutsche Bischof damit wederRom und den Jesuiten noch der preußischen Bureaukratie zuDank, uud so erfolgte nach seinem Tod alsbald der völlige Um-schwung. Durch den damals bereits verhängnisvoll wirksamen Ein-fluß des Kronprinzen (Friedrich Wilhelm IV. ) wnrde ein TodfeindSpiegels, der schlimmste Gegner der Hermesianer in Bonn , der Freiherrvon Droste-Vischering der Nachfolger Spiegels. Selbst in Rom warman über diese Wahl erstaunt, der Kardinal Lambrnschini riesdem preußischen Botschafter Bimsen zu:Ist Ihre Regierung toll?"Über die gemischten Ehen, deren in der Nheinprovinz zwischenprotestantischen preußischen Beamten nnd katholischen Töchtern desLandes besonders viele geschlossen wurden, schwebten noch unterSpiegel Verhandlungen; es war zu einer Vereinbarung gekommen,die allerdings einem päpstlichen Breve von 1830 widersprach, undso griff Droste-Vischering die Frage von neuem auf uud erklärte,daß ohue das Versprechen katholischer Kindererziehung kein Priestereine gemischte Ehe einsegnen dürfe. Die Regierung innßte darinden Bruch des ihr von seinem Vorgänger Versprochenen undZugestandenen sehen uud ließ daher deu starrköpfigen Erzbischof,nachdem sie ihu vergeblich zum Rücktritt ausgefordert hatte, am20. November 1837 verhaften uud auf die Festung Minden abführen.

Die Erregung über dieses energische Einschreiten der Regieruugwar in den Rheinlanden snrchtbar, und da die Kurie die Wahleines Bistumsverwesers nicht zuließ, so blieb dadurch ein Teil dergeistlichen Fuuktioucu uud religiösen Bedürfnisse unerledigt undunbesriedigt, nnd in der Streitfrage felbst konnte man zu keinemEnde kommen, solange die Civilehe noch nicht sür ganz Preußen eingeführt und als Auskunftsmittel im Volksbewußtsein angesehenwar. So wnchs der Haß des gut katholischen Volkes gegen dieungläubige protestantische Regierung ins maßlose; und gleichzeitigverband sich damit noch einmal der Unwille der freier uud bequemer