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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
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1830 bis 1848: Friedrich Wilhelm IV ,

warben und fanden, maßregelte und zur Kirche hinausdrängte.Das führte auch hier zur Separation und zur Bildung voneigenen sreieu Gemeinden, die eine Zeitlang im DeutschkatholizismusUnterstützung und Anschluß fanden.

Doch ehe wir von diesem reden, haben wir erst noch FriedrichWilhelms IV. Stellung zur katholischen Kirche kennen zn lernen.Dabei zeigte er sich freilich noch viel ungeschickter als inseinen Beziehungen zum Protestantismus; und hier war jederMißgriff viel verhängnisvoller. Was wir heute unter der kon-fessionellen Zerklüftung unseres Volkes und der ultramontanenHochflut im deutschen Reich zn leiden haben, daran trägt dochdieser preußische König die Hauptschuld: weil er sich schwach zeigte,ist die Kirche und das Machtgefühl der Kirche fo stark geworden,und so ernten wir noch heute, was er gesät hat.

Die Art, wie er iu Köln und Poseil die Bischofsfrage löste,indem er die eingekerkerten Bischöse vorläufig ohne weiteres frei-gab, und wie er in Breslau den staatsgetrenen Bischof Sedlnitzky,der freilich später zum Protestantismus übertrat, falleu ließ undpreisgab, warf auf den Staat fraglos den Schein der Niederlagennd anf den König den Vorwurf großer Schwäche. Überall wich derKönig Rom gegenüber ganze oder was fast noch schlimmer warhalbe Schritte zurück. Die Errichtung einer katholischen Abteilung imKultusnünisterium trug den KoufessionaliSmus in die Staats- undUnterrichtsverwaltnng selbst herein und öffnete nltramontaner Pro-paganda und ultramontanen Intriguen auch hier Thür und Thor.Die Folgen zeigten sich bald in einer Überwncherung des klerikalenEinflusses auf dem Gebiet des höhereu nnd deS niederen Schul-wesens. Eine Schrift von GörresKirche und Staat nach Ab-lauf der Kölner Jrruug" (1842) gab dem Gefühl des Triumphesüber den König unddie Beamtenhierarchie", welcher der Rhein-länder ihr Preußentum nie hatte verzeihen könneil, drastischeil Ausdrnck:alle Prinzipien sind der Kirche unverletzt lind unversehrt geblieben",darin hatte er Recht, leider Recht, denn dem Staat waren sie dasür beidiesem Handel um so mehr verletzt und versehrt wordeu. Nimmtman dazu noch die Vorgänge in Bayern , wo um jene Zeit dasnltramontane Ministerium die Protestautischeu Soldaten bei der