Der Deutschkatholizismus.
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Fronleichnamsprozcssiou zur Kniebeugung zwang uud die Geist-lichkeit in München bei der Bestattung der protestantischen Königin-Mutter jede Rücksicht aus den Augen setzte und wie zum Hohn iinFrack statt im Oruat erschien, so waren jene Görresschen Triumph-fansaren nur allzu sehr gerechtfertigt.
Der Deutschkat h o l i z i s m u s.
Und so konnte es denn nnch der Bischof Arnoldi von Trier wagen,im Jahre 1844 die Ausstellung des heiligen Rockes zu veranstalten,und wieder war es Görres, der diesen Schritt als „eine feierlicheBekundung des Triumphes der Kirche über den paritätischen Staat"rechtfertigte nnd verherrlichte. Daß dies bei den Protestanten amRhein den bittersten Unwillen erregte und als blutiger Hohnempfunden wnrde und daß dem gegenüber zwei junge Gelehrte inBonn , Gildemeister und Sybel iu ihrer Untersuchung „über denheiligen Rock zu Trier uud die 20 anderen heiligen umgenähtenRocke" die Echtheit der Reliquie mit sieghaften Gründen bestrittcn,wollte uicht allzuviel besagen. Das kam ja von Seiten der Un-gläubigen und Andersgläubigen und kam nicht ans gegen die Milliongläubiger Pilger, die zu dem wertlosen Stückchen Zeng gläubigaufblickten oder gegen die Wunder, die vor ihm geschahen oder nichtgeschahen. Es war wirklich ein Triumph deS Glaubens über dengesunden Menscheiwerstand und die wissenschaftliche Kritik; hiermitverurteilte sich der Katholizismus selbst zu jener „Jnseriorität",über die heute ernsthafte Männer wie Schell und v. Hertling be-schämt und traurig klagen. Weit wichtiger war — oder schiendamals wenigstens, — daß auch aus der katholischen Kirche selbsthcrans, aus den Reihen der niederen und jüngeren Geistlichkeit dieserProvokation gegenüber noch lant Protest erhoben wnrde. JohannesRonge , ein schlesischer Kaplan, wandte sich in einem offenenSchreibet! an den Trierer Bischof ob dieses „Götzenfestes". Dasschlug mächtig ein. In Breslau, in ganz Schlesien sielen ihm raschHunderte und taufende von Protestierenden zu, der Kaplan Czerskischloß sich ihm mit seiner ganzen Gemeinde an, der ältere Theiner,der als Josephiner schon früher seine Professur hatte aufgebenmüssen uud sich auf eiue Pfarrei zurückgezogen hatte, legte nun