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Friedrich Wilhelm IV. und die Kunst.
Noch auf einem audern Gebiet zeigte sich der romantischeSinn des preußischen Königs, auf dem der Kunst. Doch müsseuwir hier zurückgreifen. Zu Anfang des Jahrhunderts unterstandendie deutscheu Maler von Rom aus dem Einfluß von Carstens, imHause des preußische» Gesandten in Rom — es war Wilhelm vonHumboldt — sand dieser Klassizismus den geselligen Mittelpunkt uuddie erwünschte Protektion, neben Angelika Kansmann und Gottlieb Schick ging dort vor allem Rauch auS und ein, und von Weimar her unterstützteder alte Heide Goethe diese von der neuhumauistischeu Strömnuggetragene Kunstrichtung. Allein wir wissen schon, daß der Klassizis-mus eben um die Wende des Jahrhunderts der jugendlichen Romantik,wenn nicht erlag — dafür sorgte Goethe, so doch neben sich Platzlassen mußte. Wie Brentano und Arnim die deutschen Volkslieder,wie Görres die deutschen Volksbücher, so sammelten die BrüderBoisseree seit 1804 Werke der älteren deutschen Malerschulen undredeten laut vom Wert und von der Schönheit dieser Bilder. SelbstGoethe gewann von dieser deutschen Art und Kunst einen ähnlichenEindruck wie vierzig Jahre vorher beim Anblick des StraßburgerMünsters, vorgehalten hat er freilich auch diesmal nicht, in seiner Zeit-schrift „Kunst und Altertum" blieb er dem Klassizismus treu. Aber derPlatz, wo die Schlacht geschlagen und der Sieg der Romantik entschiedenwurde, war doch nur Rom — nicht die antike Ruinenstadt Humboldts ,sondern daS päpstliche Rom mit seinen gewaltigen Sammlungen,die über Nnphael und Michelangelo zurück reichten. In demKlösterchen San Jsidoro sand sich unter Overbecks Führung demheiduischeu Klassizismus gegenüber die romantische, specifisch christ-lich oder vielfach katholisch gestimmte Malerschule der Nazareuerzusammen, welche aus daS Vorbild der schlichtem fleischarmenQuattrocentisteu in Umbrien oder auf Fiesole zurückgriffeu unduuter dem Einflnß dieser Präraffaeliten ihre Madonnen und Heiligemmalten. Auch die Laudschaft bevölkerten sie lieber mit biblischer alsmit mythologischer Staffage und au die Stelle des Heroisch-Stil-vollen traten romantische Stimmungen, Märchenzauber oder heimat-liches Glücksgefühl; deuu für Deutschland wollten sie am Ende