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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1830 bis 1848: Friedrich Wilhelm IV.

sogar in Düsseldorf Schule zu macheu begauucu. Und gerade daberief der König den alternden Cornelius in 'die nordische Hauptstadt,in deren dünner Luft voll Skepsis und Verstandeskühte der Meisterdieser fleisch- und sarblosen, keusch-asketischen und monumental-idealistischen Kunst, dem zum vollen Künstler doch gerade etwasvon der Hauptsache, eiu Stück Können fehlte, sich schlecht genugausuahm und sich auch persönlich von Ansang an wenig behaglichfühlte. Auch für diese Nichtuug der Malerei war Heine und dasjuuge Deutschland mit ihrer Emanzipation des Fleisches und warFeuerbach mit seiner Anerkennung der'Sinne und der Sinnlichkeitvernichtend. Die Künstler fingen an seinem Rat zn mißtrauen:Streben Sie mehr nach der Schönheit als nach der Charakteristik",und das Publikum sreute sich bereits der Künstler mehr, die sich dieBetonung des Charakteristischen und Individuellen angelegen seinließen. So kam, was man bedauern kaun, der geplante La-ir^oSanto uicht zu stände, selbst die Kartons, welche Cornelius dazuentwarf, fanden um ihrer farblosen Gedankenblnsse willen wenigVerständnis und Beifall. Umgekehrt wahrte Rauch in dem Denk-mal Friedrichs des Großen, der sich freilich zu romantischer Aus-sassuug schlechterdings nicht eignete, die Selbständigkeit seiner klassi-zistischen, von Thorwaldsen beeinflußten Richtung und entschieddaneben die Kostümsrage zu gunsten der modernen realistischen Auf-fassuug. Vollends aber ein Schlag ins Gesicht aller Romantikwar Adolf Menzels realistische Darstellung Friedrichs des Großenund seiner Zeit, und darnm rief sie auch bei dem Köuig, der sichihrer großen Wirkuug als Enkel jener Zeit doch nicht ganz ent-ziehen konnte, sehr gemischte und zwiespältige Gefühle hervor.

Dagegen gelang dem König in der Kunst ein anderes Großes die Wiederherstellung und Vollendung des Kölner Doms.Freilich auch hierbei zeigte sich der Wandel der Anschauungen undGefühle. Goethe hat im Straßburger Münster ein Stück deutscherArt und Kunst gesehen und darum bebte unter seinen Meißel-schlägen der schöne Bau ahnungsvoll der alten deutschen Heimatentgegen; selbst der Romantiker Uhland, freilich der gesündeste undsreieste von alten, empfand vor diesem Bau mir ästhetisch, auchwenn er daneben die Zweckmäßigkeit dunkelblauer Glassenster für