Druckschrift 
Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
249
Einzelbild herunterladen
 
  

»

Der König und die Wissenschaft, Schelling,

249

Schelling vor aller Welt kompromittiert dastand. Was Uhlandvon der Kirche seiner Zeit gesagt hatte:der Festesrede Giebel war:duck dich, schweig dabei!" das schien nun auch von der Philosophiezu gelteu, uud so erntete diese positive Philosophie Schellinas, alssie erstmals 1843 imVordruck" des Heidelberger Paulus erschien,nur Spott uud Hohn; und als sie 1858 in den nachgelassenenWerken des Philosophen selbst ans Licht trat, da war die Zeitlängst eine andere geworden und niemand kümmerte sich um sie,eine Wirkung auf das deutsche Geistesleben hat sie nur negativausgeübt: als 1848 der Sturm in die Zeit geflogen kam, da wareben infolge dieses großen Fiaskos die Philosophie überhaupt keiueMacht mehr im Bewußtsein des Volkes und seiner Gebildeten, ohneWeltanschauung aber kann man zwar eine Revolution machen, aberkeinen neuen Staat bauen. Und an diesem Mangel war letzten Endesdoch wieder die Nomantik und der romantische König schnld, indemsie der Zeit eine Weltanschauung aufdrängen wollten, über die sielängst schon hinausgewachsen war. So kam es nur zum leiden-schaftlichen Negieren und Ablehnen, nicht zum Positiven Bauen undruhigen Gestalten.

Wie wertvoll und siegreich aber eine geschlossene Welt-anschauung auch sür den Politiker ist, dafür sei jetzt schon ausStahl hingewiesen, der im selben Jahr wie Schelling und als sein vou diesem selbst freilich verleugneter Schüler nach Berlin berufen, dort zum Führer der konservativen Partei Preußens ge-worden ist. Ebeudeswegeu sprechen wir aber von ihm und seinemEinfluß besser erst in der nächsten Periode, obwohl seineRechts-philosophie" und seinKirchenrecht der Protestanten" schon vor derBerufuug uach Berlin erschienen waren. Vorläufig ahnte noch nie-mand, daß die Berufung dieses Mannes, von dem Schelling sowegwerfend sprach und die fast niemand beachtete, weit bedeutsamerund dem König damit wirklich ein großer Wurf gelungen sei. Dennwas wäreu die preußischen Konservativen ohne Stahl? Um denRuhm, als ob durch Stahl die Schellingschen Ideen an sie ge-kommen wären, hat sich aber Schelliug selber zum voraus gebracht,wenu er vou ihm sagte:die Philosophie der Offenbarung hat ernie gehört, und er kennt meinen letzten Sinn durchaus nicht."