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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Erwachen des Nationalgefühls.

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Den Empörern Sieg

Und jede Schmach ans deutsche Fahnen!

Das war aber bereits anachronistisch und paßte nicht mehrzn der Stimmung der vierziger Jahre, Die srivole Kriegsdrohung,welche 1840 Thiers als Minister Louis Philipps aus Anlaß derdiplomatischen Niederlage Frankreichs in der egyptischen Frage undim Interesse der Förderung seines Lieblingsplanes, der Befestigungvon Paris, über Deutschland heraufbeschworen hatte, entfachte hierplötzlich einen ungeahnten und lange nicht mehr erlebten Aus-fchwnng nationaler Begeisterung, die in dem LiedSie sollen ihnnicht haben, den freien, deutschen Rhein " ihren populären Ausdruckfand. Auch beim Durchschnittsliberalismus kam diese nationaleGesinnung zum Durchbruch und verdrängte die fremdbürgerlichenAllüren nnd die seit dem Hambacher Fest oft recht taktlos sichäußernden französischen Sympathien: konnte doch selbst Herweghsich in jenem Augenblick dem Umschwung nicht entziehen, auch er rief:

Und wär's nur um den Wein,Der Rhein soll deutsch verbleiben!

Die Rede, die Friedrich Wilhelm IV. 1842 beim KölnerDombaufest hielt, ließ einen Augenblick sogar von ihm die Lösungder deutschen Frage hoffen, obwohl doch der ironisch kühl danebenstehende Metternich solche rollenwidrige Seitensprünge seines könig-lichen Freundes sofort wieder unschädlich zu machen wußte. AuchLudwig von Bayern, dessen beste Zeit freilich bereits vorüber war,hörte man trotz seiner harten Verse und seiner noch härterenPartizipialwendungen gerne sich fürteutsches" Wesen begeistern.Als aber vollends 1846 Christian VIII. von Dänemark in seinemoffenen Brief" die Nuverletzlichkeit des dänischen Gesamtstaatesproklamierte und sich damit über die verbrieften Rechte und diealte Vereinigung der beiden Herzogtümer Schleswig und Holsteinhinwegsetzte, da klang das 1844 gedichteteSchleswig-Holstein meernmschlungen" jubelnd und trotzig vom Fels zum Meer, dieöffentliche Meinung stellte sich auf die Seite der erregten Schleswig -Holsteiner und forderte die Wahrung nationaler Rechte undnationaler Würde, und für dieses Gefühl fand diesmal der fönstganz unpolitische Gcibel die rechten Worte. Selbst der Bundestag,

Ziegler, die geistigen u. socialen Strömungen des lg. Jahrh. 17