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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Friedrich Julius Stahl .

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Zeitraum der Nivellierung zeugen für deu adeligen Geist derEhrfurcht gegen die Familieneriunerung, der Tradition von hohemBeruf lind hoher Pflicht, der ritterlichen Ehre und Sitte, desZchutzes uud Beistandes für die minder wohlhabende Land-bevölkerung, der persönlichen Treue und Hingebung gegen den König."So genau kennt Stahl seine eigenen Leute und ihre agrarische Be-gehrlichkeit. Daher mahnt er sie immer wieder einzutretenfürden Stand, der besonders ihrer Vertretung empfohlen ist, für denZtand des kleinen Grundbesitzes" und für die Besitzlosen. Aberthatsächlich hat er dieser Begehrlichkeit doch immer wieder das Wortgeredet und die junkerlichen Wünsche befriedigen helfen, mitdemallgemeinen Staatsbürgertnm" nahm es der konservative Parteisührerdoch nicht immer so genall und ernst.

Also weder Montesquieu noch Rousseau , weder Kant nochHegel , weder Haller noch Gentz! Daher sein berühmtes Wort,daßdie Wissenschaft umkehren müsse", wobei dasumkehren" fürden Manu und seine Art besonders charakteristisch ist. Im Gegen-satz zu ihnen allen stellt er sich auf deu Boden der historischen Rechts-schnle, will sie aber ergänzen durch eine dem System der Revolutioneutgegeugesetzte Rechts- und Staatslehre auf der Grundlage christlicherWeltanschauung. Allein so ganz Christ, wie Treitschkc meint, derfür diesen konservativen Juden ausfallend viel Sympathie hat, ist5tahl doch nie geworden. Der Gedanke der alttestamentlichenTheokratic beeinflußt, wie schon gesagt, seiue Gedaukeugänge undder Gott, deu er au die Spitze seiues politischen Systemsstellt, trägt noch allzu deutlich die Züge des jüdischen Jehovah ansich. Mit dieser Bvranstellnng eines persönlichen Gottes hängtein Doppeltes zusammen: der Staat ist einerseits ein Gött-liches und Gottgewolltes, und andererseits gipfelt er notwendig ineinem Persönlichen, das heißt natürlich in der Person des Fürsten :anch die Monarchie ist gottgewollt, Persönliche Fürstengewalt ist Gottes-ordnung. Daher giltAutorität, nicht Majorität"! das glücklichformulierte Schlagwort, mit dem er der Revolution und kon-stitutionellen Doktrin entgegentritt, nnd giltLegitimität", diewichtiger ist als Konstitution nnd Repräsentation. Das ist dieinsti-tntionelle" Verfassnngsform Stahl'S,eine wirkliche Monarchie, in der