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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1848 bis 1871: Die Reaktion der fünfziger Jahre.

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Warum Hartmauus Metaphysik seit 1877 uicht mehr beachtetund ernsthaft genommen wurde, das hatte audere Gründe, zur Er-klärung dieser Thatsache braucht es keiner Verabredung und Ver-schwörung vou Naturforschern und Philosophieprvscssoren, keinesJnternums unserer Universitätsphilosophie". Die Philosophie hattesich in der That wieder ermannt und sich den dogmatischenSchlummer, in den sie Materialisteil uud Theisten geineinsam ein-gelullt hatten, von den Augen geblasen, uud das dankte sie derWiederbelebung Kants und seines antidogmatischeu Kritizismus.Auch dariu zeigt sich eine der Teudeuzen der SchopenhauerschenPhilosophie. Schopenhauer fühlte sich als Thronerbe Kants . Inseiner Welt als Vorstellung war er es auch, seiue Lehre vom Satz deszureichenden Grundes uud vou dessen Bedeutung war Wiederholungund Vereinfachung der Kantischen Kategorienlehre und des Aprioris-mus derselben. Als daher seit den sttusziger Jahren Schopenhauer beachtet, bekannt, berühmt wurde, so lag in diesem Umstaud ganzvon selbst die Aufforderung: znrück zu Kaut! und so könnte mansagen: nach der pessimistischen sei alsbald anch die idealistische oderKantische Seite der Schopenhauerschen Lehre erkannt und ins Lichtgestellt worden. Allein unter den Wiedererneuerern des KantischenKritizismus könnte höchstens bei Kuno Fischer von einem solchenZusammenhang die Rede sein, im allgemeinen kaun man nur einNebeneinander der beiden Richtungen, nicht ein Aus- uud Durch-einander konstatieren.

Zu Anfang der sechziger Jahre glich die Philosophie einemTrümmer- und Totenseid. Noch standen einige Hegelianer ausrecht,aber es waren doch vor allem nur Leistungen auf dem Gebiet derGeschichte der Philosophie, was sie aufrecht erhielt, uud hier freilichwar bedeutsam und ersrenlich genug, was die Erdmnnn, Zeller undFischer leisteten. Neben ihnen fing die Herbartsche Schule an,Bodeu iu Psychologie uud Pädagogik zu gewinnen, doch ohnephilosophische Fruchtbarkeit und Entwickelnngskraft. Indem sichaber im Materialismusstreit die Eklektiker vor allein breit machtenund in der Zeitschrist sür Philosophie und spekulative Theologie