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Nach 1871: Der Kulturkampf.
müssen, und zn gemeinsamen Abwehrmaßregeln anssorderte. AlieinBismarck, darin ein echter Ostelbier, daß er Wesen, Macht nndBehandlung der katholischen Kirche nicht verstand, lehnte die Be-teiligung ab und glaubte durch vorbeugende „Mahnungen undWarnungen" eiueu etwa drohenden Konflikt zwischen Staat nndKirche beschwöreu zu können. Uud so lebte er denn bis 1870 iuvollem Frieden mit den Katholiken Prenßeus und wollte keinenKrieg mit ihnen. Es war dies gewissermaßen traditionell inPrenßen seit dem Regierungsautritt Friedrich Wilhelms IV. , unddie konservative Parteiregiernng der fünfziger Jahre hatte das fürein notwendiges Bestandstück ihrer Verwaltung angesehen, uameutlichin Personensrageu deu katholischen Wünschen die weitgehendsteRechnung zu tragen. Nogge, der in dieser Zeit als Militärgeist-licher iu Koblenz stand, klagt, daß die Anmaßung, mit welcher derUltramontanismus am Rhein , namentlich wieder in der Frage dergemischten Ehe», ausgetreten sei, vor allem in der schwächlichenHaltung der Regierung Ermutiguug gesunden habe. „Der OberPräsident von Kleist-Retzow, der von Aufaug der fünfziger Jahrebis zur Übernahme der Regentschaft durch deu Prinz von Preußenan der Spitze der Verwaltuug stand, hatte es als seine besondereAufgabe angeseheu, mit der katholischen Kirche zu liebäugeln, inder Meinung, in der überwiegend katholischen Rheinprovinz dadurcham besten die ihm verhaßten liberalen Neigungen bekämpfen zukönnen, und diese Haltung wirkte auch nach seiner Enthebung vondem Amte des Oberpräsidenten noch lange in verhängnisvollerWeise nach." Verwuuderlicher war, daß einen nicht geringenAnteil an dem Überhandnehmen und Anwachsen dieser ultra-montanen Strömung in der Nheinproviuz „die oft über das.Maß hinausgehende wohlwollende Haltung hatte, welche die Priu-zessiu vou Preußeu schou als solche uud iu uoch höherem Maßeuach der Throubesteiguug ihres hohen Gemahls als Königin alleukatholischen Bestrebungen gegenüber einnahm". Wenn Rogge trotz-dem „das Gerede über ihre Hinneigung zum Katholizismus in dasGebiet der Fabel verweisen" und jene Haltung auf ihre Bewun-derung für die äußerliche Machteutfaltung der römische» Kircheuud auf das Bestreben der Parität gerecht zn werden zurückführen