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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Der Kampf,

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standen, wenn es auch den Rednern auf staatlicher Seite zuweilenan den für diesen Kampf notwendigen Kenntnissen fehlte; etlicheKirchenhistoriker hätten damals dem Parlament Wohl angestanden.Und den Redeschlachten sekundierte die Presse: in Tageszeitungen,in Wochen- und Monatsschriften, in Flugschriften und großen ge-lehrten Werken wurde das pro und contra eisrig erörtert undimmer neue Gründe und neue Gesichtspunkte beigebracht undherausgehoben. Von den Parteien standen sich am klarsten gegen-über das Centrum als Träger der katholischen Ansprüche und derAbwehr gegen die staatliche Kirchengesetzgebung, und anf der andernSeite die nationalliberale Partei, mit deren Hilfe vornämlichBismarek nnd Falk im Reich und in Preußen , Jolly iu Badenjene Gesetze durchbrachten. Die Konservativen waren zwiespältig insich selber als Regierungspartei zur Heeresfolge anch hier bereit,als streng kirchlich-konsessionelle Partei für den Widerstand desCentrums nicht ohne Mitgefühl und betroffen und besorgt über dieWirknng, die diese Gesetze auch auf die protestantische Kirche aus-üben mußten: die Civilehe als obligatorische und das Schnlanfsichts-gesctz liefen auch der orthodox-protestantischen'Anschannng entgegen,nnd die Simultanschule in Baden war ihnen ebenso ein Greuelwie den Ultramontanen. Umgekehrt erkannten die links stehendenParteien das Kulturinteresse des Kampfes gegen eine herrschsüchtigeKirche, von deren Oberhaupt Syllabus und Eneyklika ausgegangenwar, wohl an von Virchow stammte ja eben deshalb das Wortvomgroßen Kulturkampf der Menschheit", aber die dadurchherbeigeführte Stärkung der Staatsgewalt und der Triumph desihnen verhaßten Staatsmanns auch in dieser großen Sache, warihnen unerwünscht, ihr Doktrinarismus des 1ais3S2 aller- laisse?faire verbot jedes Hinansrücken derGrenzen der Wirksamkeit desStaates", nnd die Lehre von der Trennung von Kirche nnd Staat,die Cavour in die handliche FormelLliiega likera in Uksro stato"gebracht hatte, ließ sie an dem Recht des staatlichen Vorgehens gegendie Kirche und ihre Orgaue zweifeln.

Aber auch in den Reihen derer, die an diesem Recht des Staates,sein Verhältnis zu der Kirche in seinem Interesse selbständig zuordnen, nicht zweifelten, konnte man sich gewissen Bedenken gegen die